Thomas Feist

Pacelliallee: Der Vatikan macht mobil

Sich von außen in die inneren Angelegenheiten eines anderen einzumischen, hat immer einen faden Beigeschmack. Vor diesem Hintergrund liegt es mir als Sachse fern, die Umbenennung einer Straße in Berlin besserwisserisch zu kommentieren.

Wenn sich nun aber die Botschaft des Vatikan mitten in einem bürgerschaftlichen Willensbildungsprozess darauf festlegt, dass sie eine Umbenennung der Pacelliallee in Berlin ablehnt, frage ich mich als Beobachter schon, ob dies im besten Falle unsensibel oder gar respektlos gegenüber demokratischen Prozessen ist.

ANTRAG Was hat sich zugetragen? Die »Initiative Golda Meir« der Historiker und Autoren dieser Zeitung, Ralf Balke und Julien Reitzenstein, hatte beim zuständigen Sachbearbeiter der Kommunalverwaltung einen Antrag gestellt, die bisherige Pacelliallee nach der früheren israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir zu benennen.

Das ist ihr gutes demokratisches Recht, ebenso, wie eine Petition beim zuständigen Kommunalparlament einzureichen. Nächste Schritte wären Verwaltungshandeln und eine vorgeschaltete parlamentarische Beratung.

Man kann gegen eine Straßenumbenennung sein, sollte aber fair bleiben.

Warum macht die Vatikanbotschaft schon vorher mobil? Warum wurden Balke und Reitzenstein auf zahlreichen katholischen Nachrichtenseiten beschimpft? Warum wurden Argumente widerlegt, die niemand aufgestellt hatte?

FAKTEN Fakt ist: Viele der angeblich vorgetragenen und nun mit großem Aufwand auseinandergepflückten Begründungen der Initiative für die Umbenennung findet man auf deren Homepage vergeblich.

Die Initiatoren waren klug genug, die seit Jahrzehnten umstrittene Rolle Pacellis, Papst Pius XII., im Umgang mit der Schoa weitestgehend zu umschiffen. Sie fokussieren auf frauenverachtende und antisemitische Bemerkungen und die Rolle Pacellis bei der Ermordung katholischer Geistlicher. Dem stellen sie das Engagement Pacellis und des Vatikans für NS-Verbrecher gegenüber.

Fazit: Man kann gegen eine Umbenennung sein, sollte aber fair bleiben. Und falls die Zuständigen vor Ort diese Umbenennung beschließen sollten, wäre Golda Meir gewiss eine gute Wahl.

Der Autor ist CDU-Politiker und Beauftragter für jüdisches Leben in Sachsen.

Meinung

Macrons wahres Kalkül

Der jüdische Staat hat im Moment eine wichtige Aufgabe: sich zu verteidigen. Sonst existiert Israel bald nicht mehr

von Nicole Dreyfus  09.10.2024

Meinung

Das Tremolo der Besserisraelis

Friedensengel Nasrallah, Kriegstreiber Netanjahu? Die Berichterstattung ist allzu oft nicht gerecht

von Michael Thaidigsmann  07.10.2024

Standpunkt

Aufgeben ist keine Option

Der 7. Oktober wird für die jüdische Gemeinschaft und alle Demokraten ewige Gegenwart sein, meint Alon Meyer

von Alon Meyer  07.10.2024

Nahost

Die Rede, die Annalena Baerbock halten sollte (aber leider nie halten wird)

Liebe Landsleute, liebe Freunde in Israel, ...

von Frank Schmiechen  07.10.2024

Meinung

Doppelte Standards, verkehrte Welt

Warum werden an israelische und jüdische Opfer von Gewalt andere Maßstäbe angelegt?

von Jacques Abramowicz  02.10.2024

Kommentar

Die Mullah-Diktatur nicht davonkommen lassen

Nachdem die Hisbollah-Führung ausgeschaltet und ihr Raketenvorrat dezimiert ist, könnte Israel gegen Irans Atomwaffenprogramm vorgehen, meint Saba Farzan

von Saba Farzan  01.10.2024

Meinung

Cem Özdemir, Diskursganoven und worüber eben doch gesprochen werden sollte

Ein Gastbeitrag von Rebecca Schönenbach

von Rebecca Schönenbach  01.10.2024

Meinung

Warum Israel auf eine Bodenoffensive verzichten sollte

Die Hisbollah ist militärisch geschwächt. Israel sollte jetzt auf diplomatische Mittel setzen, findet unser Gastautor

von Peter R. Neumann  30.09.2024

Analyse

In Österreich schlägt die Stunde des Bundespräsidenten

Der Alpenrepublik stehen turbulente Zeiten bevor

von Stefan Schocher  30.09.2024