Karin Prien

Nolde und der Bildersturm

Karin Prien, schleswig-holsteinische Kultur- und Bildungsministerin (CDU) Foto: Uwe Steinert

Karin Prien

Nolde und der Bildersturm

Warum ich mich für ein Gemälde des umstrittenen Künstlers in meinem Amtszimmer entschlossen habe

von Karin Prien  15.04.2019 11:27 Uhr

Emil Nolde ist der bedeutendste Maler Schleswig-Holsteins. In Seebüll, hoch im Norden unseres Landes, wird seit über 20 Jahren die Geschichte der Kunstwerke Emil Noldes, aber auch das Leben und die Person dieses Malers erforscht. Nolde hat für uns als Bundesland eine besondere Bedeutung, er steht aber auch exemplarisch für eine Frage, die sich überall in Deutschland stellt.

Ich bin nicht nur die Kulturministerin des Landes, sondern auch die Bildungsministerin. In dieser Kombination empfinde ich eine besondere Verantwortung, auf das innere Spannungsfeld zwischen dem Werk und der Person des Künstlers Emil Nolde hinzuweisen. Mit der Freiheit der Kunst geht auch die Verantwortung einher, die Kunst in ihren Kontext und in ihre Zeit einzuordnen. Es gibt großartige Kunst, die von schrecklichen Menschen geschaffen wurde.

Es gibt großartige Kunst, die von schrecklichen Menschen geschaffen wurde – wie im Fall Noldes.

WEISSER FLECK Literaten, Philosophen, Künstler: Die Menschheit hat Tausende großer Geister mit einer dunklen und furchtbaren Seite hervorgebracht. Es ist daher nicht damit getan, Kunstwerke einfach von der Wand zu nehmen. Sie hinterlassen einen weißen Fleck.

Einen weißen Fleck, zu dem nicht nur ein Bild, sondern auch ein Gespräch, eine Debatte und eine Auseinandersetzung gehören. Ich kann daher vor einer Kunstdebatte nur warnen, die hysterisch und irrational zu werden droht. Man denke nur an Eugen Gomringers Gedicht »Avenidas«. Das sollte kein Vorbild sein!

In der Debatte um den antisemitischen Maler sollte jegliche Hysterie vermieden werden.

Als Bildungsministerin ist es mir wichtig, dass wir uns nicht der Aufarbeitung des Nationalsozialismus dadurch entziehen, dass wir die Zeugnisse verhüllen. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, eine Kopie von Noldes Gemälde »Durchbrechendes Licht« in meinem Amtszimmer aufzuhängen. Wer ein Bild Noldes sieht, wird gefordert. Es erfordert Auseinandersetzung. Das Denken fördern und fordern, das ist eine der wichtigsten Aufgaben der Kunst.

Die Autorin ist Bildungsministerin von Schleswig‐Holstein und Sprecherin des Jüdischen Forums in der CDU.

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  05.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Yitzhak Rabin

Erinnerung an einen Mord

Wie ich am 4. November 1995 im Café Moment in der Jerusalemer Azza Street vom tödlichen Anschlag auf Israels Ministerpräsident in Tel Aviv erfuhr

von Ayala Goldmann  04.11.2025

TV-Tipp

»Nürnberg 45 - Im Angesicht des Bösen«

Das Dokudrama rekonstruiert die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse vor 80 Jahren

von Jan Lehr  04.11.2025

Hollywood

Jesse Eisenberg will eine seiner Nieren spenden

Der Schauspieler hatte die Idee dazu bereits vor zehn Jahren

 03.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Herbstkaffee – und auf einmal ist alles so »ejn baʼaja«

von Nicole Dreyfus  02.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Zahl der Woche

8 jüdische Gemeinden

Fun Facts und Wissenswertes

 02.11.2025

Aufgegabelt

Wareniki mit Beeren

Rezepte und Leckeres

 02.11.2025