Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Ron Dekel ist Präsident der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD). Foto: Elias Keilhauer

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025 13:27 Uhr

Seit zwei Jahren herrscht Ausnahmezustand an deutschen Universitäten. Menschen rennen mit Äxten und Brecheisen in Hochschulgebäude und zerstören das Mobiliar. Pro-israelische Studierende werden ausgegrenzt, markiert und attackiert, jüdische Professoren ausgeladen. Immer seltener setzt sich das bessere Argument durch und immer häufiger eine laute, extreme Minderheit. Die Hochschulleitungen lassen es aus Angst allzu oft geschehen.

Währenddessen berichten jüdische Studierende, ihr Fach zu wechseln, weil es an ihrer Fakultät unerträglich wird. Sie wählen Seminare und Vorlesungen nicht mehr nach Interesse, sondern nach deren Standort, um unsichere Bereiche am Campus zu meiden. Einige wollen ihr Studium lieber gleich im Ausland fortsetzen. Für deutsche Hochschulen und die Wissenschaftsfreiheit ist das eine verheerende Bilanz.

Die Ereignisse der vergangenen zwei Jahre müssen aufgearbeitet und Strategien gegen Judenhass weiterentwickelt werden.

Auch das Ende des Gazakriegs bedeutet nicht, dass wir im neuen Semester keinen Antisemitismus mehr zu befürchten haben – im Gegenteil. Die Geschichte lehrt uns, dass Antisemiten keinen Anlass für ihren Hass auf Juden brauchen. Auch an den Universitäten werden sie wie zuvor offen agieren und die Grenze des Sagbaren weiter verschieben.

Zurückdrehen lässt sich diese Entwicklung nur mit größter Mühe. Genau deshalb stehen die Universitäten jetzt erst recht in der Pflicht, gegen Antisemitismus vorzugehen. Die Ereignisse der vergangenen zwei Jahre müssen aufgearbeitet und Strategien gegen Judenhass weiterentwickelt werden.

Lesen Sie auch

Daher hat die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) anlässlich des Vorlesungsbeginns Mitte Oktober einen umfassenden Forderungskatalog aufgestellt, der deutlich macht, was Jüdinnen und Juden von der Politik und den Universitäten brauchen, um wieder sicher an den Hochschulen zu sein. Die Etablierung präventiver Handlungspläne ist hierfür ein wichtiger Schritt.

Vor allem aber müssen sich Bildungsinstitutionen wieder bewusstmachen, wofür sie stehen: für eine Freiheit der Wissenschaft, die nicht mit der Freiheit verwechselt werden darf, Hass zu äußern.

Der Autor ist Präsident der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

Nahost

Warum Deutschland seine Botschaft nach Jerusalem verlegen sollte

Ein Kommentar von JA-Redakteur Imanuel Marcus

von Imanuel Marcus  21.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Meinung

Unsere Antwort ist Leben!

Chanukka ist das beharrliche Bestehen darauf, dass Mord und Terror nicht das letzte Wort haben. Ein Kommentar zum Terroranschlag von Sydney

von Jan Feldmann  18.12.2025

Meinung

Warum ich Sydney nicht verlassen werde

Der Terroranschlag von Bondi Beach wurde auch möglich, weil die Mehrheitsgesellschaft den Antisemitismus im Land ignoriert hat. Unsere Autorin sagt trotzdem: Ihre Heimat als Jüdin ist und bleibt Australien

von Amie Liebowitz  17.12.2025