Ben Salomo

Naidoo-Konzerte: Nicht verschieben. Absagen!

Ben Salomo Foto: Thomas Koehler/photothek.net

Das Wort neben der Konzertankündigung ist kurz und rot: »verschoben«. Der Musiker Xavier Naidoo wird am 1. August also nicht in der Zitadelle Spandau in Berlin auftreten. Richtig so! Jede Stadt sollte Konzerte mit Naidoo absagen, wenn ihr Sätze wie »Die Würde des Menschen ist unantastbar« am Herzen liegen. Alles andere wäre eine schallende Ohrfeige in die Gesichter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland.

Ist es denn in Deutschland wieder so weit, dass antisemitische Überzeugungen und Leute, die sie artikulieren, von Meinungsfreiheit und Gleichheitsgebot gedeckt werden? So wie in Rostock, wo sich die Bürgerschaft in der vergangenen Woche nicht auf ein Verbot des avisierten – mittlerweile auch als »verschoben« markierten – Konzerts im August hatte einigen können?

BUNDESPRÄSIDENT Wo sind die Bürgermeister, die ihre Stadthallen vor Künstlern verschließen, die judenfeindliche Inhalte inner- und außerhalb sozialer Netzwerke teilen?

Gerade im Jubiläumsjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« müssen Politiker doch klare Kante zeigen.

Mehr noch: Wo ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, wenn ein Künstler, der einst mit »Dieser Weg« eine Art Hymne für die deutsche Nationalelf sang, heute widerwärtigste antisemitische Lügen verbreitet? Gerade im Jubiläumsjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« müssen Politiker doch klare Kante zeigen.

Nicht zu vergessen: Wo bleibt die Musikindustrie? Oder lässt sich mit Antisemitismus so gut verdienen, dass man lieber die Klappe hält, solange der öffentliche Druck nicht zu groß wird und das Geschäft läuft? Wo sind die anständigen Bürgerinnen und Bürger?

VERSPRECHEN In der Verantwortung sind die Politiker. Sie müssen mit positivem Beispiel vorangehen und jeglichem Antisemitismus, ob geschrieben oder gesungen, entgegentreten.

Wird da etwa mit zweierlei Maß gemessen? Wenn ja, warum?

Bei Konzerten von Rechtsextremen sind wir uns doch auch alle einig, dass die nicht stattfinden sollten. Warum nicht auch bei Auftritten von Künstlern, die antisemitische Inhalte verbreiten – immer wieder und immer vehementer? Wo ist da der Unterschied? Wird da etwa mit zweierlei Maß gemessen? Wenn ja, warum?

Heißt es nicht immer wieder, dass Antise­mi­tismus in all seinen Formen keinen Platz mehr in Deutschland bekommt? Wann wird dieses Versprechen endlich eingelöst?

So lange wird vielleicht »verschoben« hinter den Tourdaten von Naidoo stehen. Mir wäre ein »wegen Antisemitismus abgesagt« lieber.

Der Autor ist Musiker in Berlin.

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