Sigmount Königsberg

Meldestellen sind wichtig

Sigmount Königsberg Foto: Gregor Zielke

Die Studie der EU-Menschenrechtsagentur von 2018 gibt an, dass 80 Prozent der antisemitischen Übergriffe von Betroffenen nicht gemeldet wurden. Diese Zahl drückt ein mangelndes Vertrauen in staatliche Institutionen aus und lässt ahnen, wie groß die Dunkelziffer ist.

Umso wichtiger ist, dass es Meldestellen gibt, die niederschwellig erreichbar sind, Mitgefühl zeigen und Hilfe anbieten. Sei es bei der Anzeigenerstellung, bei der juristischen Beratung oder bei der Vermittlung psychologischer Unterstützung.

erfolge Fünf Jahre, nachdem in Berlin diese Meldestelle in Form der RIAS (Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus) ins Leben gerufen wurde, zeigen sich erste Erfolge.

Besondere Unterstützung ist nötig, wenn Kinder von Antisemitismus betroffen sind. Antisemitismus wird von Lehrern und Schulleitungen oft nicht als solcher erkannt. Sogar dann, wenn sie darauf hingewiesen werden, wird er relativiert, bagatellisiert oder gar geleugnet. Zudem wird Antisemitismus gern als Konflikt bezeichnet. Antisemitismus ist aber kein Konflikt – ein solcher findet auf Augenhöhe statt –, sondern ist Machtausübung. Denn man versucht, sich eines anderen zu bemächtigen. Lehrer sind Teil der Gesellschaft und bilden diese ab. Deshalb kann man sagen, sie sind genauso antisemitisch eingestellt wie diese.

täter-opfer-umkehr Meldestellen sind ein Hilfsangebot für Betroffene, oft auch traumatisierte Menschen. Es ist wichtig, dass ihnen ein Raum geboten wird, in dem sie sich verstanden fühlen. Hier von »Blockwartmentalität« oder – wie auch geschehen – von »Denunziantentum« zu sprechen, stellt eine Täter-Opfer-Umkehr dar.

Judenfeindlichkeit fängt mit Ausgrenzungen und Diskriminierungen an, mit Alltags-Antisemitismus. Die veröffentlichten Berichte der RIAS geben einen Einblick, wie sehr Antisemitismus das Leben vieler Juden beeinträchtigt. Will man Antisemitismus wirkungsvoll bekämpfen, geht das nur, wenn man sich über dessen Ausmaß im Klaren ist. Deshalb sind Meldestellen so wichtig.

Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  01.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn ein Botschafter Schoa-Überlebende zu Lügnern erklärt

Tom Rose, neuer US-Botschafter in Warschau, hat in einer Rede die Komplizenschaft Tausender Polen während des Holocaust bestritten. Das ist fatal für das Ansehen der USA

von Menachem Z. Rosensaft  29.11.2025

Meinung

Die Flucht der arabischen Juden

Einst lebten viele Juden in der muslimischen Welt. Es ist wichtig, an ihre persönlichen Geschichten von Exil und Mut zu erinnern

von Tair Haim  27.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025