Avital Grinberg

Kein Gesprächspartner für die Diaspora

Die amtierende EUJS-Präsidentin Avital Grinberg Foto: Alexandre Liebhaberg

Avital Grinberg

Kein Gesprächspartner für die Diaspora

Der israelische Diasporaminister Amichai Chikli stößt Juden in der ganzen Welt vor den Kopf – und bricht damit Brücken ab, anstatt sie zu bauen

von Avital Grinberg  22.06.2023 08:10 Uhr

»Wir sehen uns gezwungen, den israelischen Minister für Diasporaangelegenheiten, Amichai Chikli, zu verurteilen.« Diesen Satz schrieben die Präsidenten mehrerer jüdischer Studierendenverbände vergangene Woche in einem offenen Brief. Gemeinsam vertreten die Organisationen die Belange von mehr als 170.000 jüdischen Studenten. Ich war eine der Unterzeichnerinnen.

schritt Warum sahen wir uns zu einem solch ungewöhnlichen Schritt gezwungen? Gleich mehrfach war Amichai Chikli in letzter Zeit ausfällig geworden. Der Minister hatte Reformjuden in der Diaspora verunglimpft. Die Pride Parade in Israel war ihm ein Dorn im Auge, die Regenbogen-Flagge nannte er gar ein »antizionistisches Symbol«. Während wir für jüdischen Pluralismus einstehen, negiert Chikli die bedeutungsvolle Entwicklung des Diasporajudentums.

Chikli verunglimpft Reformjuden in der Diaspora und nennt die Regenbogen-Flagge ein »antizionistisches Symbol«.

Vor Kurzem spielte er sogar auf der Klaviatur der antisemitischen Soros-Verschwörungsmythen, die man hierzulande eher von Querdenker-Demonstrationen kennt. Kurz darauf wütete der Minister, die Protestbewegung gegen die Justizreform in Israel sei schlimmer als BDS. Mit anderen Worten: Er hält Israelis, die sich um ihre Demokratie sorgen, für gefährlicher als Leute, die Israel das Existenzrecht absprechen. Diese Worte sind ein Schlag ins Gesicht!

Werte Viele jüdische Organisationen sehen sich gezwungen, sich zwischen der Aufrechterhaltung institutioneller Verbindungen zu Israel und der Wahrung jüdischer Werte zu entscheiden. Doch wenn wir gegen Rassismus und Fanatismus in unseren Heimatländern einstehen, müssen wir das auch tun, wenn es um Israel geht.

Amichai Chikli ist für sein Amt ungeeignet. Die primäre Aufgabe des Diaspora-Ministers ist es, zu den acht Millionen Juden außerhalb Israels, die kein Mitbestimmungsrecht haben, eine Brücke zu schlagen. Stattdessen bricht er lieber die Brücken ab und stößt die Diaspora vor den Kopf. Er versteht unsere Bedürfnisse nicht, er will unsere Meinungen nicht hören. Er kann daher auch kein Gesprächspartner für uns sein.

Die Autorin ist Präsidentin der European Union of Jewish Students.

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Meinung

»Demokratie leben« braucht eine Inventur

Die Idee hinter dem Förderprogramm des Bundes mag gut sein, die Umsetzung ist es nicht. Viel zu oft profitieren Extremisten und Israelhasser von den öffentlichen Geldern

von Lennart Pfahler  08.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  08.07.2025

Michael Roth

Warum Jean Asselborn nicht mehr mein Freund ist

Luxemburgs langjähriger Außenminister verbreitet bei Tilo Jung Verschwörungstheorien über Israel. Nun kündigt ihm ein sozialdemokratischer Weggefährte die Freundschaft

von Michael Roth  07.07.2025 Aktualisiert

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025