Michael Movchin

Ist Hubert Aiwanger noch tragbar?

Michael Movchin Foto: Lydia Bergida

Die Affäre um Bayerns Vize-Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger dreht sich um viel mehr als ausschließlich um die Frage: »Hat er das antisemitische Flugblatt verfasst oder nicht?« Der Vorgang wirft ernste Fragen über die politische Integrität und Vertrauenswürdigkeit des Politikers (Freie Wähler) auf.

Als die »Süddeutsche Zeitung« Aiwanger am Wochenende mit den belastenden Vorwürfen konfrontierte, wählte er die Strategie der vollständigen Verneinung und brandmarkte die Berichterstattung sofort als »Schmutzkampagne«.

salamitaktik Wenig später wurde öffentlich, dass der Verfasser der antisemitischen Flugblätter angeblich sein eigener Bruder sei. In einer Salamitaktik folgen dann weitere Details: Laut seinem Bruder hätte Aiwanger die Flugblätter lediglich eingesammelt, nicht verteilt. Dies steht im Widerspruch zu Hubert Aiwangers eigener Behauptung über mögliche »Erinnerungslücken«, ob er die Flugblätter selbst verteilt hat.

Man gewinnt den Eindruck, dass Aiwanger täglich eine neue »Wahrheit« konstruiert – eine flexible Realität, die ihm gelegen kommt.

Man gewinnt den Eindruck, dass Aiwanger täglich eine neue »Wahrheit« konstruiert – eine flexible Realität, die ihm gelegen kommt. Diese Entwicklung wirft ein düsteres Licht auf Aiwangers Verhältnis zur Wahrheit. In einer Zeit, in der die politische Integrität mehr denn je auf dem Prüfstand steht, zeichnet dies ein erschütterndes Bild der politischen Nummer zwei im Freistaat.

vertrauen Doch die Affäre ist nicht nur ein Einblick in Aiwangers Persönlichkeit, sondern auch ein Integritätstest für die bayerische Politik. In einem Klima, in dem das Vertrauen in die Politik zusehends infrage gestellt wird, steht viel auf dem Spiel. Die Frage bleibt: Ist ein Politiker, der in seiner Vergangenheit und in seiner heutigen Reaktion auf diese Vergangenheit so kompromittiert ist, für ein öffentliches Amt tragbar?

Diese Frage muss sich nun jeder Mensch in dem Land stellen, das von sich behauptet, die nationalsozialistische Vergangenheit aufgearbeitet zu haben.

Der Autor ist Vorsitzender des Verbands Jüdischer Studenten in Bayern (VJSB).

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Kommentar

Alle haben Frieden verdient

Aber es braucht die richtigen Partner dazu

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

von Ralf Balke  01.07.2025

Meinung

»Haaretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025