Susanne Stephan

Fehl am Platz

Jens-Christian Wagner, der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, ist entsetzt, weil ihn die Regierung Israels gedrängt hat, den israelisch-deutsche Philosophen Omri Boehm auszuladen. Boehm hätte als Redner auf der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald sprechen sollen. Auch der PEN Berlin meldet sich nach der Intervention Israels wütend zu Wort, spricht von »Ausladeritis«. 

Zu kritisieren ist der Vorgang wirklich, allerdings aus einer anderen Perspektive. Was für eine Motivation treibt Wagner um, wenn er an diesem Gedenktag ausgerechnet Boehm eine Bühne gibt?

Lesen Sie auch

Boehm argumentiert zum Teil im Dunstkreis der BDS-Bewegung, deren Vertreter immer wieder direkt oder indirekt das Existenzrecht Israels infrage stellen und den Holocaust relativieren. Seine Kritik am Zionismus wirkt in Teilen realitätsfremd und unfair gegenüber Israel. Natürlich bleibt ihm seine Einschätzung unbenommen. Aber welche Botschaft sendet uns Jens-Christian Wagner, wenn er Böhms Thesen ausgerechnet im Zusammenhang mit dem Gedenken an Millionen Tote der Schoa Raum geben will?   

Anti-israelische Auslöschungsphantasien gelangen in den Diskurs über die Lehren aus der Nazizeit.

Man versuche mal ein zugegebenermaßen etwas schräges Gedankenexperiment: Wie wäre es, wenn Vertreter des deutschen Judentums auf einer Gedenkfeier auftauchten, die eine arabische Familie in Berlin-Neukölln anlässlich des Todes von Verwandten in Gaza ausrichtet – und wenn diese Jüdinnen oder Juden dann Handzettel verteilen, auf denen sie die Schuld von Arabern am Blutvergießen im Nahen Osten thematisieren? Unabhängig davon, ob ihre Argumente im Detail richtig oder falsch wären - das Vorgehen wäre unsäglich. 

Was das Gedenken an die Schoa angeht, sind solche Unsäglichkeiten mittlerweile an der Tagesordnung. Sympathisanten der BDS-Bewegung arbeiten sich durch staatliche und universitäre Institutionen, die der wissenschaftlichen Neugier, der Empathie gegenüber den Ermordeten und ihren Nachkommen verpflichtet sind. Durch Nebentüren gelangen so anti-israelische Auslöschungsphantasien in den Diskurs über die Lehren aus der Nazizeit. Sehen das die Verantwortlichen wirklich nicht – oder wollen sie es nicht wahrhaben?

Die Autorin ist Co-Vorsitzende des Verbandes Jüdischer Journalistinnen und Journalisten (JJJ).

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Meinung

»Demokratie leben« braucht eine Inventur

Die Idee hinter dem Förderprogramm des Bundes mag gut sein, die Umsetzung ist es nicht. Viel zu oft profitieren Extremisten und Israelhasser von den öffentlichen Geldern

von Lennart Pfahler  08.07.2025

Michael Roth

Warum Jean Asselborn nicht mehr mein Freund ist

Luxemburgs langjähriger Außenminister verbreitet bei Tilo Jung Verschwörungstheorien über Israel. Nun kündigt ihm ein sozialdemokratischer Weggefährte die Freundschaft

von Michael Roth  07.07.2025 Aktualisiert

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025