Sigmount Königsberg

Evangelische Kirche: Widersprüchliche Signale

Die Streichung von Mitteln für den Antisemitismusbeauftragten und Aktion Sühnezeichen ist gerade in dieser Zeit das falsche Signal

von Sigmount Königsberg  10.11.2020 08:50 Uhr

Sigmount Königsberg Foto: Gregor Zielke

Die Streichung von Mitteln für den Antisemitismusbeauftragten und Aktion Sühnezeichen ist gerade in dieser Zeit das falsche Signal

von Sigmount Königsberg  10.11.2020 08:50 Uhr

Der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, Udo Hahn, stellte in der vergangenen Woche fest, dass die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) ein Antisemitismusproblem hat.

Er trägt damit nicht nur Eulen nach Athen, sondern muss sich auch die Frage gefallen lassen, ob die Institutionen der EKD nicht auch einen Anteil daran haben, und wenn ja, welchen. Tagungen in der Evangelischen Akademie mit Referenten, die zum Israelboykott aufrufen, Veröffentlichungen in kirchlichen Publikationen, die einseitig gegen Israel Position beziehen – all dies verunsichert.

kürzungen Hinzu kommen nun Meldungen, denen zufolge die Synode der EKD in wichtigen Feldern der Antisemitismusprävention die finanziellen Mittel in erheblichem Umfang kürzen will. So sollen etwa die Subventionen für »Aktion Sühnezeichen Friedensdienste« (ASF) um rund ein Achtel gekürzt werden.

Es stellt sich die Frage, ob dies das richtige Signal in dieser Zeit ist. Eine Zeit, in der die Relativierung der Schoa immer mehr um sich greift. So sei auf die Anti-Corona-Demonstrationen verwiesen, auf denen Menschen, deren Vorfahren möglicherweise an der Verfolgung von Juden beteiligt waren, sich mit dem Gelben Stern »schmücken«.

Die Präventionsarbeit, die die ASF leistet, kann – gerade vor diesem Hintergrund – nicht hoch genug geschätzt werden.

fensterreden Mindestens genauso irritierend ist es, dass die Mittel für den Antisemitismusbeauftragten der EKD vollständig gestrichen werden sollen und anscheinend diese Stelle nach Ablauf der Amtszeit von Christian Staffa nicht neu besetzt werden soll. Ist dies so zu interpretieren, dass die Bekämpfung des Antisemitismus – jenseits aller Fensterreden – in Wirklichkeit unter »Sonstiges« stattfindet?

Ist dies so zu interpretieren, dass die Bekämpfung des Antisemitismus – jenseits aller Fensterreden – in Wirklichkeit unter »Sonstiges« stattfindet?

Ich räume ein, dass, wenn Kürzungen anstehen, jeder »Not in my backyard« schreit. Unverständlich ist aber, dass anscheinend solche Beschlussvorlagen erarbeitet werden, bevor darüber diskutiert wurde, welche Aufgaben die EKD priorisiert.

Dabei geht es nicht nur um Zusammenarbeit, Prävention und Erinnerungskultur, sondern um nichts Geringeres als die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.

Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Nachruf

Der Mutmacher

Peter Finkelgruen über den am Samstag im Alter von 92 Jahren verstorbenen FDP-Politiker Gerhart Baum

von Peter Finkelgruen  17.02.2025

Meinung

Kann die Berlinale diesmal Israel-Bashing verhindern?

Das Film-Festival hat eigens FAQ zum Nahostkonflikt veröffentlicht und distanziert sich darin gleich von der Antisemitismus-Resolution des Bundestages

von Maria Ossowski  14.02.2025

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025

Meinung

Da kann man sich gleich Björn Höcke einladen

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese hätte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sprechen sollen. Dabei hat sie sich für den akademischen Diskurs disqualifiziert

von Ralf Balke  10.02.2025

Meinung

Antisemitismus an Kunsthochschulen: Eine Kultur des Wegschauens

Die Serie antisemitischer Vorfälle an Ausbildungsstätten für angehende Künstler reißt nicht ab. Warum sind die Hochschulen offenkundig außerstande, das Problem in den Griff zu kriegen?

von Klemens Elias Braun  10.02.2025

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  09.02.2025

Bildung

Wissenschaftsfreiheit und Antisemitismus

Die Bundestagsresolution gegen Judenhass an Hochschulen und die Verantwortung der Universitäten. Ein Gastkommentar von Frederek Musall

von Frederek Musall  07.02.2025

Meinung

Vielleicht müssen erst alte Gewissheiten zerbrechen?

Die Welt tobt über Trumps Vorschlag für die Zukunft des Gazastreifens. Doch die Reaktion zeigt, wie viele Menschen Illusionen anhängen, wenn es um den Nahostkonflikt geht

von Daniel Neumann  07.02.2025