Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Igor MItchnik Foto: Lisa Vlasenko

Es war ein Dammbruch. Vertreter der US-Regierung – also genau des Landes, das nach 1945 der Sicherheitsgarant der westlichen Nachkriegsordnung war – haben die transatlantische Allianz aufgekündigt und wollen dem russischen Diktator die Ukraine zum Fraß vorwerfen.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wurde deutlich, wie tief der transatlantische Riss sitzt: Während der russische Angriffskrieg zu einer rein europäischen Angelegenheit degradiert wird, soll die EU von den Gesprächen ausgeschlossen werden. Stattdessen soll sie die Scherben dieser Verhandlungen aufkehren – indem ihre Truppen eine potenzielle Waffenstillstandslinie in der Ukraine bewachen. Eine NATO-Mission, die im Falle eines russischen Angriffs den Bündnisfall auslösen würde, ist laut Trumps Team keine Option.

Viel zu lange haben die Europäer die eigene Sicherheit vernachlässigt.

Für die Ukraine droht das vierte Jahr der russischen Vollinvasion katastrophal zu bleiben. Nach der US-Wahl waren die Erwartungen hoch. Doch längst ist für Kyiv klar: Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional. Dabei hat Washington durchaus recht. Viel zu lange haben die Europäer die eigene Sicherheit vernachlässigt. Von einer »europäischen Armee«, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte, sind wir weit entfernt. In München stellte er klar: Fällt die Ukraine, scheitert Europa.

Für die Trump-Regierung hat die Ukraine keine eigene Verhandlungsmacht, auch wenn ihr ein Platz am Verhandlungstisch eingeräumt wird – so heißt es jedenfalls. Die EU spielt dagegen keine Rolle. In der Ukraine bereitet man sich auf verschiedene Szenarien vor. Von temporären territorialen Zugeständnissen wird gemunkelt. Doch angesichts der Lage an der Front und Russlands fehlender Verhandlungsbereitschaft erscheint dies weder realistisch noch nachhaltig. Konflikte frieren nicht ein, wie der Krieg in Bergkarabach zeigt. Auf der Suche nach Gleichgesinnten richtet sich der ukrainische Blick nach Europa. Uns abzuwenden, ist keine Option.

Der Autor ist Geschäftsführer des Osteuropavereins Austausch e.V. in Berlin.

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