Cornelia DʼAmbrosio

Es braucht moralische Klarheit

Offener Dialog kann nur mit denjenigen stattfinden, die verstanden haben, warum die Hamas in Deutschland verboten ist

von Cornelia DʼAmbrosio  05.06.2024 13:36 Uhr

Cornelia DʼAmbrosio Foto: privat

Offener Dialog kann nur mit denjenigen stattfinden, die verstanden haben, warum die Hamas in Deutschland verboten ist

von Cornelia DʼAmbrosio  05.06.2024 13:36 Uhr

Nicht nur der Neckar tritt in diesen Tagen über seine Ufer. Die zyklische Flutwelle des Antisemitismus bricht auch an deutschen Universitäten über meine Generation wie ein unaufhaltsamer Tsunami herein. Solche Zeiten erfordern von den Universitätsorganen mehr als Verwaltung. Sie erfordern eine moralische Führung und Vorbildfunktion.

Offener Dialog kann nur mit denjenigen stattfinden, die verstanden haben, warum die Hamas in Deutschland verboten ist – und nicht mit ihren Sympathisanten. Wissenschaft endet dort, wo Agitation beginnt. Ohne diese Klarheit schafft sich die Universität Heidelberg selbst ab. Dass eine Dozentin trotzdem Hamas-Sympathisanten als Referenten eingeladen hat, ist besorgniserregend.

Doch es gibt einen Hoffnungsstrahl: Studierendenorganisationen der demokratischen Parteien riefen für Dienstagabend zu einer Kundgebung auf, der sich auch jüdische Studierendenorganisationen anschlossen. Zeitgleich demonstrierte der lokale Ableger von »Students for Palestine« gegen die »zionistische Presse«, und das ausgerechnet auf dem Universitätsplatz, auf dem 1933 die Bücher jüdischer Autoren verbrannt wurden.

Üppige Fantasien gewaltvoller Eskalation und freudsche Projektionen

Der in letzter Minute abgesagte Vortrag der Hamas-Sympathisanten wurde trotzdem gehalten, noch an Ort und Stelle, ausgeschmückt mit üppigen Fantasien gewaltvoller Eskalation und freudschen Projektionen.

Während die Einsichtigen das Leid anderer anerkennen, fordern die Unbelehrbaren es in ihren Parolen.

Während die Einsichtigen das Leid anderer anerkennen, fordern die Unbelehrbaren es in ihren Parolen. So offenbart sich der Unterschied zwischen Empathie und Hass, zwischen einer Kundgebung und der anderen. Doch die Empathie ist an diesem Dienstag stärker als der Hass der Hamas-Sympathisanten.

Entschlossen, trotz Einschüchterung auf sozialen Medien und vereint durch demokratische Werte, drücken engagierte Studierende ihre eindeutige Haltung gegen Gewaltverherrlichung und ihr Mitgefühl für die Opfer des Massakers vom 7. Oktober aus. Diese moralische Klarheit sollte sich die solidarische Studierendenschaft bewahren, denn sie wird in Zukunft noch bedeutsamer sein.

Die Autorin ist Mitglied der Studierendenvertretung an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg.

Nachruf

Der Mutmacher

Peter Finkelgruen über den am Samstag im Alter von 92 Jahren verstorbenen FDP-Politiker Gerhart Baum

von Peter Finkelgruen  17.02.2025

Meinung

Kann die Berlinale diesmal Israel-Bashing verhindern?

Das Film-Festival hat eigens FAQ zum Nahostkonflikt veröffentlicht und distanziert sich darin gleich von der Antisemitismus-Resolution des Bundestages

von Maria Ossowski  14.02.2025

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025

Meinung

Da kann man sich gleich Björn Höcke einladen

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese hätte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sprechen sollen. Dabei hat sie sich für den akademischen Diskurs disqualifiziert

von Ralf Balke  10.02.2025

Meinung

Antisemitismus an Kunsthochschulen: Eine Kultur des Wegschauens

Die Serie antisemitischer Vorfälle an Ausbildungsstätten für angehende Künstler reißt nicht ab. Warum sind die Hochschulen offenkundig außerstande, das Problem in den Griff zu kriegen?

von Klemens Elias Braun  10.02.2025

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  09.02.2025

Bildung

Wissenschaftsfreiheit und Antisemitismus

Die Bundestagsresolution gegen Judenhass an Hochschulen und die Verantwortung der Universitäten. Ein Gastkommentar von Frederek Musall

von Frederek Musall  07.02.2025

Meinung

Vielleicht müssen erst alte Gewissheiten zerbrechen?

Die Welt tobt über Trumps Vorschlag für die Zukunft des Gazastreifens. Doch die Reaktion zeigt, wie viele Menschen Illusionen anhängen, wenn es um den Nahostkonflikt geht

von Daniel Neumann  07.02.2025