Kai Schubert

Ein Thema für die Polizeiausbildung

Kai Schubert ist Lehrbeauftragter für den Gehobenen Polizeivollzugsdienst. Foto: privat

Kai Schubert

Ein Thema für die Polizeiausbildung

Angehende Polizisten lernen zu wenig über Antisemitismus. Sie brauchen mehr Raum für politische Bildung

von Kai Schubert  25.08.2022 10:56 Uhr

Antisemitismus und Rassismus spielen vielerorts keine große Rolle in der Polizeiausbildung. Dabei ist es nicht unbedingt so, dass das Problem grundsätzlich ignoriert würde: So konnten etwa in Berlin sinnvolle Ideen bereits umgesetzt werden, darunter ein Wahlpflichtmodul über Antisemitismus im Polizeistudium, ein Leitfaden für antisemitische Vorfälle, Kooperationen mit Bildungseinrichtungen und mit weiteren Akteuren wie der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) und insbesondere der Jüdischen Gemeinde.

Innerhalb der Polizei gibt es jedoch nach wie vor die starke Tendenz, Antisemitismus und Rassismus nicht auf projektive Feindbilder, sondern auf vermeintlich fehlendes Wissen und mangelnde »interkulturelle Kompetenzen« sowie auf tatsächliche Eigenschaften der betroffenen Gruppen zurückzuführen. Sie werden auch häufig ausschließlich bei »Extremisten« verortet.

Dies erschwert ein angemessenes Verständnis von Antisemitismus als alltagsprägendes Phänomen für Juden. Gerade auch in allen gesellschaftlichen Milieus anzutreffende Chiffren und insbesondere israelbezogener Antisemitismus sollten stärker beachtet werden. Die »Arbeitsdefinition Antisemitismus« der IHRA kann hier unter Umständen sinnvoll eingesetzt werden. Zu alldem stehen übergreifende Konzepte aber offenbar noch weitgehend aus.

Bildung Klar ist aber auch: Die Ausbildung ist nicht für alle Probleme bei der Polizei verantwortlich. Und bereits jetzt sind die Anforderungen an die Beamten hoch, das Studium ist stark verdichtet. Wir müssen mehr denn je nach Wegen suchen, um Räume für politische Bildung zu schaffen. Angehende Beamte sollten auch Probleme und Kontroversen sowie verschiedene Perspektiven auf die Arbeit der Polizei kennenlernen. So könnte eine Kultur der Selbstreflexion und professionellen Fehlerbearbeitung weiter gestärkt werden.

Der Autor ist Lehrbeauftragter für den Gehobenen Polizeivollzugsdienst an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Meinung

Der erfundene »Völkermord«

Wer für einen Genozid verantwortlich ist, versorgt dessen angebliche Opfer nicht, warnt sie nicht vor Angriffen und richtet weder Fluchtrouten noch humanitäre Zonen ein

von Imanuel Marcus  18.09.2025

Meinung

Vereinte Nationen: Alter Wein in neuen Schläuchen

Kommende Woche soll in New York eine Resolution zum Nahostkonflikt verabschiedet werden. Sie ist hochproblematisch. Deutschland sollte dagegen stimmen

von Jacques Abramowicz  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025