Chris Schinke

Die Universität Leipzig kuscht vor BDS-Anhängern

Chris Schinke Foto: privat

Chris Schinke

Die Universität Leipzig kuscht vor BDS-Anhängern

Die Absage eines Vortrags des Historikers Benny Morris legitimiert die Erpresserlogik israelfeindlicher Gruppen

von Chris Schinke  02.12.2024 17:42 Uhr

Über die Thesen des Historikers Benny Morris wurde in Israel und über das Land hinaus seit jeher beherzt gestritten. Am 5. Dezember hätte sich hierzu auch die Gelegenheit an der Universität Leipzig ergeben, wo ein Vortrag Morris‘ unter dem Titel »The 1948 War and Jihad« geplant war. Zu der Veranstaltung wird es nun nicht kommen.

Die verantwortliche Fakultät hat den Vortrag des renommierten Forschers abgesagt, nachdem BDS-nahe studentische Gruppen gegen den Vortrag mobilisiert hatten. Äußerungen von Morris, die »rassistisch gelesen werden könnten« haben die Universität zu dem Schritt bewogen, so die Begründung.

Verwiesen wird auf ein 20 Jahre altes Interview in der israelischen Tageszeitung »Haaretz«, in dem Morris vor dem Hintergrund der Ereignisse der Zweiten Intifada sehr deutliche Worte findet: Die Vertreibung von Palästinensern im Zuge des Unabhängigkeitskrieges 1947/48 sei Voraussetzung für die Gründung Israels und angesichts der existenziellen Bedrohung für den jungen Staat auch gerechtfertigt gewesen.

In Deutschland gilt die Wissenschaftsfreiheit ohne Wenn und Aber. Die Universität Leipzig muss ihr Geltung verschaffen.

Man mag seine Analyse im Lichte heutiger Diskussionen als wenig sensibel erachten, mancher wird sie strikt ablehnen. Ihr realpolitischer Befund und seine Folgerungen aber sollten zur Diskussion stehen dürfen. Zu dieser wird es nun nicht kommen. Morris bleibt gecancelt.

Als weiteren zentralen Grund für die Absage gibt die Uni Leipzig Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Veranstaltung an. Der Schutz für den Vortragenden wie für Besucher sei nicht zu gewährleisten, das Risiko »traumatischer Erfahrungen« sei zu hoch. Das aber ist – mit Verlaub – eine feige Ausflucht der Verantwortlichen.

In Deutschland gilt die Wissenschaftsfreiheit ohne Wenn und Aber. Zur Verantwortung der Leipziger Universität gehört es, ihr Geltung zu verschaffen, im Zweifelsfall in enger Abstimmung mit Polizei und Behörden.

Wer vor BDS und seinen Anhängern kuscht, legitimiert nur deren fanatische Erpresserlogik. Wenn akademische Vertreter dieser Strategie in Zukunft nicht entschieden entgegentreten, droht die Causa Morris auf unglückselige Weise Schule zu machen.   

Der Autor ist freier Journalist in München.

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025

Meinung

Die Abkehr des Kanzlers von der Staatsräson: Kein Grund zur Trauer

Der von Altkanzlerin Angela Merkel geprägte Begriff war schon immer vage. Es ist auch wesentlich leichter, wohlklingende Erklärungen abzugeben, als danach zu handeln. Friedrich Merz sollte endlich Taten folgen lassen

von Daniel Neumann  22.10.2025