Meinung

Die Siedlerfantasten in der israelischen Regierung

Ein Ex-Verteidigungsminister spricht von »ethnischer Säuberung« in Gaza. Premierminister Benjamin Netanjahu tut zu wenig, um den Vorwurf auszuräumen

von Joshua Schultheis  07.12.2024 22:18 Uhr

Joshua Schultheis Foto: Charlotte Bolwin

Ein Ex-Verteidigungsminister spricht von »ethnischer Säuberung« in Gaza. Premierminister Benjamin Netanjahu tut zu wenig, um den Vorwurf auszuräumen

von Joshua Schultheis  07.12.2024 22:18 Uhr

Mosche Ya’alon mag voreilig urteilen. Doch ignorieren sollte man die Warnung des ehemaligen Verteidigungsministers nicht: Israel sei auf dem Weg »der Besatzung, Annexion und ethnischen Säuberung im Gazastreifen«, sagte der Ex-Likud-Politiker am Samstag im Sender »Democrat TV«.

Premier Benjamin Netanjahu hat zwar betont, dass das nicht das Ziel des Krieges gegen die Hamas sei, viele in seiner Regierungskoalition wollen aber genau das, was Ya’alon bereits im Beginn der Umsetzung sieht: die jüdische Wiederbesiedlung Gazas.

Neben den notorisch radikalen Ministern Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich fordern das auch einige Likud-Abgeordnete. Zehn der 32 Parlamentarier von Netanjahus Partei waren im Oktober auf einer Konferenz, auf der Siedlungspläne für Gaza propagiert wurden. May Golan, Ministerin für Soziales und Frauen, wünschte den Menschen in Gaza nicht weniger als »eine weitere Nakba« – also Flucht und Vertreibung. Ohne jede Scham diskutierten Politiker mit Regierungsverantwortung öffentlich Pläne für schwere Kriegsverbrechen.

Anstatt seine Minister und Abgeordneten öffentlich zurückzupfeifen, sagt der Premier bisher: nichts.

Netanjahu weiß, dass Israel mit einem solchen Schritt jede noch verbliebene internationale Unterstützung verlieren würde und dass in Umfragen zwei Drittel der Israelis die Idee ablehnen. Die dramatische Räumung der jüdischen Siedlungen in Gaza 2005 ist im Land nach wie vor präsent. Doch wie lange wird sich Netanjahu mit seiner Haltung noch durchsetzen können?

Lesen Sie auch

Die absurden Besiedlungspläne wandern gerade von den Rändern der Regierungskoalition in ihre Mitte. Doch anstatt seine Minister und Abgeordneten öffentlich zurückzupfeifen, sagt der Premier bisher: nichts. Sein Schweigen gefährdet nicht zuletzt den Rückhalt der israelischen Bevölkerung für den Kampf gegen die Hamas.

Er muss es brechen – und bei der Gelegenheit am besten auch einen belastbaren Nachkriegsplan für Gaza präsentieren. Erst wenn dieser vorliegt, kann den Siedlerfantasten in seiner Regierung endlich der Wind aus den Segeln genommen werden.

schultheis@juedische-allgemeine.de

Meinung

Israel braucht einen neuen Plan

Die Zweifel sind zur Gewissheit geworden: Einen vollständigen militärischen Sieg über die Hamas wird es nicht geben

von Joshua Schultheis  23.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  23.01.2025 Aktualisiert

Meinung

Trump und Israel: Eine unbequeme Wahrheit

Der designierte 47. US-Präsident hat noch vor Amtsantritt mit seiner Nahostpolitik der maximalen Abschreckung und Härte mehr in Israel und Gaza erreicht als die Biden-Administration und die Europäer in den vergangenen 13 Monaten

von Philipp Peyman Engel  21.01.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn Freunde peinlich werden

Das Auswärtige Amt hat einem deutsch-israelischen Stand bei der Frankfurter Buchmesse eine Absage erteilt. Ein Armutszeugnis für Außenministerin Baerbock, findet unsere Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  21.01.2025 Aktualisiert

Kommentar

Trump 2.0 wird den Nahen Osten erneut verändern

Carsten Ovens erläutert Chancen und Risiken der künftigen US-Außenpolitik

von Carsten Ovens  21.01.2025

Kommentar

Bleibt stark, Emily, Romi und Doron!

Die drei jungen Frauen sind endlich in Israel. Emily Damari gab nach ihrer Freilassung ein Zeichen, das ihren Schmerz zeigt – aber viel mehr noch ihre Kraft

von Katrin Richter  19.01.2025

Meinung

Verrat an Frauen und an der Mitmenschlichkeit

Wie viele Fälle sadistischer Gewalt müssen noch nachgewiesen werden, damit die Welt endlich Mitgefühl mit den Opfern des 7. Oktober zeigen kann?

von Sarah Maria Sander  19.01.2025

Kommentar

Warum bejubelt ihr den Terror, statt euch über Frieden zu freuen?

Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel über die israelfeindlichen Demonstrationen in Berlin-Neukölln nach Verkündung der Gaza-Waffenruhe

von Philipp Peyman Engel  17.01.2025

Meinung

Die linke Tour der Alice Weidel

Mit ihren Aussagen zu Adolf Hitler im Gespräch mit Elon Musk hat die AfD-Chefin erneut ihre Inkompetenz bewiesen

von Michael Thaidigsmann  17.01.2025