Ali Ertan Toprak

Die Kritik am CDU-Grundsatzprogramm ist falsch

Ali Ertan Toprak Foto: imago

Ich möchte nicht in einer Einwanderungsgesellschaft leben, in der Juden wieder Angst haben müssen, auf die Straße zu gehen. Der Antisemitismus ist zwar ein 360-Grad-Problem, aber der politische Islam, der unserer freiheitlichen und säkularen Gesellschaft feindlich gegenübersteht, ist im Moment die größte Bedrohung für das jüdische Leben in Deutschland. Hier helfen nur klare Ansagen des Staates.

Wenn im Entwurf des CDU-Grundsatzprogramm steht, die Scharia gehört nicht zu Deutschland und nur die Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland, ist das der richtige Weg. Die Kritik der Islamverbände daran ist entlarvend. Sie sind allesamt ausländische Vertretungen des politischen Islams auf deutschem Boden und keine deutsche Religionsgemeinschaften. 

Siebzehn Jahre Deutsche Islamkonferenz (DIK) haben nicht dazu geführt, dass sie sich nach dem 7. Oktober an die Seite unseres Staates und ohne wenn und zu unserer Staatsräson, nämlich dem Existenzrecht Israels bekannt haben. Denn sie machten Israels Politik für das Menschheitsverbrechen der Hamas verantwortlich und nicht die Charta der Hamas, die die Vernichtung Israels und der Juden zum Ziel hat. 

Es ist schon mehr als eine Frechheit, wenn der größte Mitgliedsverband im Zentralrat der Muslime türkische Rechtsradikale (ATIB) sind, aber der Vorsitzende Aiman Mazyek dann die CDU beschuldigt, bei der AfD zu spicken. Gleichzeitig ist es aber auch bezeichnend für unsere demokratische Öffentlichkeit, dass Mazyek mit dieser Tatsache niemals konfrontiert wird. Es gibt keine politische Veranstaltung, keinen Gedenktag oder Staatsakt in Deutschland, bei denen er nicht in der ersten oder zweiten Reihe sitzt.

Alle Demokraten in Deutschland verlangen, dass Migranten alle politischen Rechte bekommen sollen, aber man darf von ihnen anscheinend nicht dieselben demokratischen Standards einfordern oder bei ihnen dieselben demokratischen Maßstäbe anlegen. Eine unerträgliche Verlogenheit.

Die Mehrheit der liberalen Muslime ist säkular und steht nicht für einen religiösen Verband zur Verfügung. Daher müssen wir es in Zukunft hinbekommen, das aus den Reihen der gläubigen Muslime neue selbstbewusste deutsche Islamverbände entstehen, die sich nicht aus dem Ausland lenken und ideologisieren lassen. Und vor allem sich offen zu den Werten des Grundgesetzes bekennen. 

Der CDU-Grundsatzentwurf formuliert endlich klar, was wir als Einwanderungsland zu recht erwarten dürfen. Dazu gehören die Achtung der Würde jedes Menschen, der Grund- und Menschenrechte, des Rechtsstaats, des Respekts und der Toleranz sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels. Konkret heißt es: »Alle, die hier leben wollen, müssen unsere Leitkultur ohne Wenn und Aber anerkennen.« Und: »Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.«

Bereits im vorliegenden Entwurf zum Staatsangehörigkeitsgesetz der Ampel wird daher ausdrücklich folgender Satz aufgenommen: »Antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes.«

Daher ist die Kritik an dem CDU-Grundsatzentwurf völlig unverständlich und einseitig. Bei vielen Diffamierungskampagnen gegen demokratische Institutionen und Menschen, die sich kritisch zu den Themen rund um den Islam und Migration äußern, muss man wissen, dass es sich bei den Akteuren um eine Allianz zwischen dem politischen Islam und Aktivisten aus dem linken identitätspolitischen Spektrum handelt.

Eine unheilige Allianz, die auch ohne Not vom deutschen Staat seit Jahren massiv politisch und finanziell mit Projektgeldern unterstützt wird. Aus der Praxis wissen wir, dass zum Beispiel Antisemitismus-Präventionsprojekte zum Teil in den Händen von Antizionisten sind. 

Ich kenne kein anderes Land in der Welt, das seine Gegner so massiv unterstützt und gleichzeitig die Verteidiger seiner Interessen und Werte so allein lässt wie Deutschland.

Viele Menschen mit Migrationsbiografie in Deutschland, wie ich, die sich schon längst für dieses Land und seine freiheitlich-demokratische Ordnung entschieden hatten, sind über diese selbstzerstörerische Ignoranz der demokratischen und kulturellen Eliten unseres Landes mittlerweile fassungslos und entmutigt. Immer mehr Menschen wenden sich angesichts des intellektuellen Bankrotts und der mutlosen Politiker in diesem Land von der Berliner-Filterblasen-Demokratie ab. 

Eine totale Katastrophe wäre es für Deutschland, wenn sich auch die schon längst hier Angekommenen von Deutschland abwenden. 

Der »linksidentitäre« Kulturkampf einer Minderheit, die jede Abweichung von eigenen Auffassungen ständig als rechte Tabubrüche oder Nazi diffamiert, ist das größte Konjunkturprogramm für die dumpf-nationalistische AfD. Der moralisch selbstgerechte Antirassismus dieser Gruppe  gefährdet Menschen wie mich doppelt. Einerseits indem sie immer mehr Menschen in die Hände der AfD treiben und andererseits indem sie selbst jede aufklärerische und progressive Kritik innerhalb der Migrantencommunities unmöglich machen. Weil berechtigte Kritik an Islamismus oder anderen extremistischen oder kriminellen Erscheinungsformen in der Einwanderungsgesellschaft sofort mit einem Rassismusvorwurf zum Schweigen gebracht wird.

Der Staat, vom Bund bis zu den Kommunen und seiner demokratischen Institutionen, hofieren täglich migrantische Rechtsextremisten und Islamisten und beschweren sich gleichzeitig über Rassismus in Deutschland. Ohne sehen zu wollen, dass Rassismus ebenfalls ein 360-Grad-Problem ist. 

Damit muss endlich Schluss sein!

Der Autor ist CDU-Mitglied und Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland. 

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Kommentar

Alle haben Frieden verdient

Aber es braucht die richtigen Partner dazu

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

von Ralf Balke  01.07.2025

Meinung

»Haaretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025