Reinhard Schramm

Bleiberecht für Jesiden

Reinhard Schramm Foto: IMAGO/ari

Vor einer Woche, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, haben wir unsere Gedanken auf das Schicksal des jüdischen Volkes, auf die furchtbaren Opfer in unseren Familien gerichtet. Das gemeinsame Leid verbindet uns Juden mit den Sinti, den Roma und den anderen Opfern der NS-Gewaltherrschaft. Zugleich fühlen wir uns auch Menschen nahe, die heute Opfer von Völkermorden geworden sind – etwa den Jesiden.

Unlängst hat der Bundestag endlich gehandelt und die Morde an dem jesidischen Volk durch die Terrormiliz »Islamischer Staat« im Jahr 2014 als Völkermord anerkannt. Das Morden war verbunden mit systematischer Versklavung. Wer sich durch Flucht retten konnte, lebt heute in der Diaspora. In Deutschland sind es zwischen 100.000 und 200.000 Jesiden, in Thüringen mehr als 800.

unterstützung Unsere Landesgemeinde setzt sich von Beginn an für ihre Unterstützung, ihren Schutz und ihr dauerhaftes Bleiberecht ein. Doch noch immer wird die ethnische und religiöse Identität der Jesiden im Asylverfahren nicht geltend gemacht. Auch die Bemühungen des Thüringer Migrationsministeriums waren nicht erfolgreich. Es ist ein unverständlicher und trauriger Zustand.

Da unser deutsches Asylrecht eine Konsequenz aus der Schoa ist, sollte sein Geist das jesidische Volk als Völkermord-Opfer schützen.

Da unser deutsches Asylrecht eine Konsequenz aus der Schoa ist, sollte sein Geist das jesidische Volk als Völkermord-Opfer schützen. Deshalb ist es folgerichtig, dass sich in Thüringen die Jüdische Landesgemeinde zusammen mit dem Freundeskreis Israel im Landtag für das Recht der Jesiden auf Asyl, für ihr dauerhaftes Bleiberecht einsetzt. Der Gedanke ist unzumutbar, dass Jesiden unter Umständen in die Regionen ihrer einstigen Peiniger abgeschoben werden, in denen ihnen nach wie vor Gefahr droht.

Wer wie die Bundesregierung zu Recht »Nie wieder!« sagt, der muss auch ein dauerhaftes Bleiberecht für Jesiden durchsetzen. Ich betrachte diese Forderung auch als persönliche Verpflichtung. Sie entspricht der Mahnung meiner verfolgten und ermordeten Angehörigen.

Der Autor ist Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.

Kommentar

Journalistisch falsch, menschlich widerlich

»News WG«, ein Format des Bayerischen Rundfunks, hat eine Umfrage darüber gestartet, ob man Yuval Raphael, eine Überlebende der Massaker des 7. Oktobers, vom ESC ausschließen soll

von Johannes Boie  15.05.2025

Meinung

Jude gesucht für Strafantrag

Dass Staatsanwaltschaften selbst bei judenfeindlichen Hasskommentaren untätig bleiben, ist symptomatisch für den Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland

von Alon David  14.05.2025

Kommentar

Den Nachkommen der Schoa-Opfer kaltschnäuzig und nassforsch die Leviten gelesen

Ausgerechnet zum 60. Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen kritisiert die ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann die Kriegsführung in Gaza, und das auch noch, ohne die Hamas zu erwähnen

von Esther Schapira  14.05.2025

Meinung

Bruch von Weimer mit Roths Politik: Ein notwendiger Neuanfang

Selten haben so viele kultivierte Menschen einen Kulturstaatsminister so heftig kritisiert wie Wolfram Weimer. Dabei hat er innerhalb von wenigen Tagen gleich zwei wichtige Zeichen gesetzt

von Maria Ossowski  13.05.2025

Meinung

Die Linkspartei, ihr Bundesparteitag und der Abschied vom Eintreten gegen Judenhass

Wer sich als vorgeblich sozialistische Partei mit einer Bewegung solidarisiert, die Frauen steinigt, Homosexuelle verbrennt und den Judenmord als oberstes Ziel ihrer Bemühungen proklamiert, hat keine Ehre. Ein Kommentar von Andrej Hermlin

von Andrej Hermlin  13.05.2025 Aktualisiert

Nicole Dreyfus

Codewort: Heuchelei

Nemo fordert den Ausschluss Israels beim ESC in Basel. Damit schadet die Siegerperson des vergangenen Jahres der Schweiz und der eigenen Community

von Nicole Dreyfus  11.05.2025

Julia Bernstein

»Nichts ist mehr wie zuvor«: Wie junge jüdische Münchner den 7. Oktober erleben

»Jüdisch oder gar israelisch zu sein, ist heute in Deutschland eine äußerst politische Angelegenheit oder gar für manche eine Provokation«, schreibt unsere Autorin

von Julia Bernstein  09.05.2025

Daniel Neumann

Der 8. Mai und die falschen Schlüsse

Es ist schwer, Menschen zu kritisieren, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, aber auch Schoa-Überlebende können irren. Denn einen Bogen von der industriellen Vernichtung der Juden zum Verteidigungskrieg Israels in Gaza zu ziehen, ist falsch

von Daniel Neumann  09.05.2025

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, auch wenn es sich bei der Hamas um skrupellose, abgrundtief böse Terroristen handelt

von Nils Kottmann  08.05.2025