Michael Wuliger

Besuch von den Mullahs

Michael Wuliger Foto: Gregor Zielke

Michael Wuliger

Besuch von den Mullahs

Warum sich das Jüdische Museum Berlin genauer anschauen sollte, wen es einlädt

von Michael Wuliger  19.03.2019 11:38 Uhr

Manchen Besuch, rät die Kriminalpolizei, sollte man sich genauer ansehen, bevor man ihn ins Haus lässt. Sonst können unangenehme Überraschungen blühen. Hinterher steht man eventuell ohne Geld und Wertsachen da. Oder, im Fall des Jüdischen Museums Berlin (JMB), mit beschädigter Reputation.

Dort war am 8. März Seyed Ali Moujani, der Kulturrat der iranischen Botschaft, zu Gast. Mit JMB-Direktor Peter Schäfer sprach er, wie das Museum mitteilte, über eine mögliche Ausstellung einer Fotosammlung iranischer Juden aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Der Diplomat des Mullahregimes freilich nutzte die Gelegenheit, um politisch auf die Pauke zu hauen.

GLEICHSETZUNG Anschließend wurde Moujani von Kuratorin Cilly Kugelmann durch die Ausstellung Welcome to Jerusalem geführt. So weit, so relativ harmlos. Der Diplomat des Mullahregimes freilich nutzte die Gelegenheit, um politisch auf die Pauke zu hauen. Er habe mit dem Museumsdirektor darin übereingestimmt, so die iranische Botschaft, dass die »Gleichsetzung von Antisemitismus mit dem Antizionismus« ein Problem sei, das »unter die Lupe genommen werden« müsse. Auch sei »die Grenze zwischen dem Zionismus und dem Judentum« zu bewahren wie »die Grenze zwischen dem IS und dem Islam«.

Diese Darstellung weist das Museum so zurück. Professor Schäfer wird sich darüber mit Sicherheit geärgert haben, zumal sein Haus schon genug schlechte Presse hat. Völlig frei von Verantwortung freisprechen kann man den Museumschef jedoch nicht. Dass die Vernichtung Israels Staatsräson der Islamischen Republik ist, hat sich auch bis zu ihm herumgesprochen. Vor einigen Wochen hatte er deshalb einem Fernsehteam des iranischen Staatssenders IRIB den Zugang zum Museum verweigert.

Womöglich fällt der Besuch in die hierzulande so beliebte Kategorie »interkultureller Dialog«.

Wenn Schäfer kurz darauf dann einem offiziellen Repräsentanten des Mullah-Regimes die Ehre erweist, fällt das möglicherweise in die hierzulande so beliebte Kategorie »interkultureller Dialog«. Man kann es freilich auch anders nennen: Naivität.

Der Autor ist freier Journalist in Berlin.

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jan Feldmann

Eine Revolution namens Schabbat

Wir alle brauchen einen Schabbat. Selbst dann, wenn wir nicht religiös sind

von Jan Feldmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

Meinung

Die Schönwetterfreunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Meinung

Israel: Keine Demokratie ohne Pressefreiheit

Den Armeesender abschalten? Warum auch jüdische Journalisten in der Diaspora gegen den Plan von Verteidigungsminister Katz protestieren sollten

von Ayala Goldmann  14.11.2025

Meinung

Jason Stanley und der eigentliche Skandal

Ohne mit allen Beteiligten gesprochen zu haben und ohne zu wissen, was wirklich passiert ist, schrieb die deutsche Presse das Ende des jüdisch-liberalen Diskurses herbei. Dabei offenbart sich, wie leichtfüßig Stereotype gefüttert werden

von Daniel Neumann  14.11.2025