Chajm Guski

Ausgerechnet an Tischa beAw?

Chajm Guski Foto: Chajm Guski

Chajm Guski

Ausgerechnet an Tischa beAw?

Die Kalender der Behörden zeigen nur die gesetzlichen Feiertage an. Doch das Land ist vielfältig, und es gilt, verschiedene Interessen zu berücksichtigen

von Chajm Guski  11.08.2022 08:09 Uhr

Das Motto eines Tages mit jüdischer Musik am vergangenen Sonntag lautete »Jüdisches Leben in Köln entdecken, mitmachen und Zeichen setzen«. Das hörte sich smart an. Das Angebot war erstklassig, aber die »Begegnung« fand an Tischa beAw statt, dem Trauer- und Fastentag um den Tempel in Jerusalem. Insider wissen, dass Instrumentalmusik und Fröhlichkeit an diesem Tag deplatziert sind und den Vorschriften für diesen widersprechen.

Observante Jüdinnen und Juden hatten also keine Möglichkeit, dem Programm zu folgen. Ein Einzelfall? Eher die Regel. Immer wieder laden Veranstalter dazu ein, an Schabbat, Rosch Haschana oder Jom Kippur der jüdischen Kultur zu begegnen. Einblicke in jüdisches Leben durch Multiplikatoren, denen Basiswissen über den jüdischen Kalender fehlt?

einspruch Schüler und Studenten kennen einen anderen Aspekt des Themas: Klausuren oder Prüfungen werden auf Schabbatot oder wichtige Feiertage gelegt. Ein Einspruch dagegen ist nicht immer erfolgreich. Entscheidungsträger haben für gewöhnlich einfach keine Ahnung, welche besonderen Tage hinter welchem Datum stecken.

Schüler und Studenten kennen einen anderen Aspekt des Themas: Klausuren oder Prüfungen werden auf Schabbatot oder wichtige Feiertage gelegt.

Die Kalender der Behörden zeigen nur die gesetzlichen Feiertage an. Doch das Land ist vielfältig, und es gilt, verschiedene Interessen zu berücksichtigen. Zumindest einige Bundesbehörden schaffen es mittlerweile, Chanukka-Grüße zeitlich korrekt über die sozialen Medien zu übermitteln. Es ist also prinzipiell möglich, sich die Termine zu »besorgen«.

Was könnte helfen? Ein verbindlicher interkultureller Kalender, der alle relevanten Tage aufschlüsselt. Das betrifft sowohl die jüdische als auch andere Communitys wie Muslime oder Jesiden. Dann wird die Luft für Ausreden dünn, und man muss sich bekennen, ob man sich bewusst ausschließlich für die eigene kulturelle Prägung entscheidet oder wirklich Interesse an einer offenen Gesellschaft hat.

Der Autor ist Journalist und Blogger. Er lebt in Gelsenkirchen.

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

Nahost

Warum Deutschland seine Botschaft nach Jerusalem verlegen sollte

Ein Kommentar von JA-Redakteur Imanuel Marcus

von Imanuel Marcus  21.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Meinung

Unsere Antwort ist Leben!

Chanukka ist das beharrliche Bestehen darauf, dass Mord und Terror nicht das letzte Wort haben. Ein Kommentar zum Terroranschlag von Sydney

von Jan Feldmann  18.12.2025

Meinung

Warum ich Sydney nicht verlassen werde

Der Terroranschlag von Bondi Beach wurde auch möglich, weil die Mehrheitsgesellschaft den Antisemitismus im Land ignoriert hat. Unsere Autorin sagt trotzdem: Ihre Heimat als Jüdin ist und bleibt Australien

von Amie Liebowitz  17.12.2025