Ayala Goldmann

Angriff auf FU-Präsident: Gewalt ist Gewalt

Ayala Goldmann Foto: Ayala Goldmann

Ayala Goldmann

Angriff auf FU-Präsident: Gewalt ist Gewalt

Warum die Attacken auf Politikerinnen und Akademiker wie FU-Präsident Günter Ziegler so gefährlich sind

von Ayala Goldmann  12.07.2024 13:07 Uhr

»Es ist nicht so, dass nur die Sicherheit von Juden in Deutschland gefährdeter ist als früher, sondern auch die von Nichtjuden«, sagte Michael Wolffsohn Anfang dieser Woche in einem Gespräch mit der FAZ – einige Tage, nachdem er bei »Markus Lanz« im Studio gesessen hatte.

Bei TV-Talkshows, in Interviews und privaten Gesprächen werden Juden in Deutschland regelmäßig gefragt, ob sie sich persönlich bedroht fühlen. Gut, dass Wolffsohn den Kontext hergestellt hat. Denn wenn Juden über Bedrohungen sprechen, tun sie das nur in Ausnahmefällen, um Nabelschau zu betreiben. Nein, wir reden darüber, weil es nicht um uns allein geht.

Ohne Zweifel: Jüdinnen und Juden in Deutschland sind durch wachsenden und gewaltbereiten Antisemitismus gefährdet. Doch auch Politiker des Berliner Senats, wie zu hören ist, werden persönlich bedroht und von der Polizei geschützt, weil man sie für die Räumung des »propalästinensischen« Protestcamps vor mehreren Wochen an der FU verantwortlich macht. Und natürlich geraten auch Professoren ins Visier der Aktivisten, wenn sie nicht nach der Pfeife einer geistlosen, aber dafür militanten Minderheit tanzen.

Wer das legitim findet, sollte an die Einschüchterungsaktionen an Universitäten in den USA denken.

Jüngstes Opfer ist Günter Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin. Anfang Juni sprühten Unbekannte ein Hamas-Dreieck, also eine Todesdrohung, auf den Theaterhof der Rostlaube in Dahlem. Darüber die Ankündigung: »Ziegler will pay« – »Ziegler wird bezahlen«.

Nun gab es eine erneute Attacke, mit der Ziegler offenbar nicht nur bedroht, sondern auch lächerlich gemacht werden sollte. »Heul nicht, das ist kein Pfefferspray!« rief ein »propalästinensischer« Aktivist, nachdem er dem FU-Präsidenten ein Glas Wasser ins Gesicht geschüttet hatte. Ziegler solle aus »seinem Völkermord« aufwachen, wurde dazu gerufen. Wer das legitim findet, sollte an die Einschüchterungsaktionen an Universitäten in den USA denken, mit denen Professoren zum Schweigen gebracht werden sollten, weil sie eine andere Meinung geäußert haben als die »einzig wahre« von Aktivisten – und an die Folgen für die amerikanische Gesellschaft.

Es darf nicht sein, dass sich ein Klima der Gewalt gegen Juden, gegen Akademiker, gegen Andersdenkende in unserem Land verfestigt. Es ist inakzeptabel, dass Politikerinnen und Politiker um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen.

Umso unverständlicher ist, dass FAZ-Feuilletonist Patrick Bahners die Wasser-Attacke gegen Ziegler in einem Tweet als »symbolische Gewalt, Provokation« bewertet: »Der springende Punkt: kalkuliert und überlegt, das Gegenteil von Wahnsinn«.

Na und? Gewalt ist Gewalt, ob Wasser oder Pfefferspray. Wer solche Aktionen als »symbolisch« abtut, verharmlost den Ungeist, der dahintersteht. Erde an Patrick Bahners: Es geht übrigens nicht nur um uns Juden. Es geht um die Zukunft unseres Landes.

Glosse

Gefilzte Fisch!

Wie unsere Autorin Fast Food für die Waschmaschine entdeckte. Eine Glosse

von Katrin Richter  24.08.2025

Essay

Das Einfache ist schwer zu machen

Wie unser Autor zu einem Fahrrad kam, das eine einzigartige Geschichte hat

von Vincent von Wroblewsky  24.08.2025

Ravensbrück

Gedenkstätte startet Sommer-Universität

Eine Woche lang soll diskutiert werden, wie die Geschichte und Rezeption von Täterinnen und Tätern, die in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern eingesetzt waren, in den Gedenkstätten thematisiert werden

 24.08.2025

Schauspieler Oliver Masucci

»Wo sind die Proteste gegen Gewalt an Juden?«

Kürzlich haben 400 Kunstschaffende appelliert, deutsche Waffenexporte an Israel zu stoppen. Der Schauspieler Oliver Masucci kann seine Kollegen im Grundsatz schon verstehen. Er hätte da allerdings noch ein paar Fragen

 24.08.2025

Oberammergau

»Judenfreund«: Regisseur Stückl beklagt Anfeindungen

Christian Stückl leitet die berühmten Passionsspiele in Oberbayern. Lange wurde er dafür gewürdigt, das Werk von judenfeindlichen Passagen befreit zu haben. Nun dreht sich der Wind

 24.08.2025

Aufgegabelt

Aus dem Deli: Forellen-Salat

Rezepte und Leckeres

 24.08.2025

Porträt

Zwischen Fluss und Meer

Yousef Sweid ist Palästinenser – und Israels »Schauspieler des Jahres«. Er lebt in Berlin und hat nach dem 7. Oktober lange geschwiegen. Jetzt spielt er sein Leben auf der Bühne

 24.08.2025

Essay

Übermenschlich allzumenschlich

Künstliche Intelligenz kann Großartiges leisten. Doch nicht zuletzt die antisemitischen Ausfälle von Elon Musks Modell »Grok« zeigen: Sie ist nicht per se besser als ihre Schöpfer. Ein alter jüdischer Mythos wirft Licht auf dieses Dilemma

von Joshua Schultheis  24.08.2025

Musik

Die Anti-Diva

Natalie Clein war schon mit 16 ein Star. Heute ist sie Cello-Professorin in Rostock

von Alicia Rust  24.08.2025