Toby Axelrod

Anachronistische Inschrift

Toby Axelrod Foto: Gregor Zielke

Toby Axelrod

Anachronistische Inschrift

Es ist höchste Zeit, das Potenzial für eine völlig neue Aussage an der Spitze des Humboldt Forums zu erkennen

von Toby Axelrod  03.03.2022 13:58 Uhr

Claudia Roth (Grüne) hat die Zeichen der Zeit erkannt. »Wir müssen uns dringend darüber verständigen, wie das Humboldt Forum zu einem Ort der Weltoffenheit werden kann«, hatte die Kulturstaatsministerin in der vergangenen Woche dem »Tagesspiegel« gesagt. Bislang hieß es beim Humboldt Forum, Kuppel, Kreuz und Inschrift seien »im Kontext ihrer historischen Entstehungssituation« zu verstehen.

Doch in Anbetracht der Symbolik des neuen Museums und seiner Fokussierung auf den Kolonialismus scheint mir diese einen christlichen Herrschaftsanspruch markierende Inschrift die absolut falsche Wahl zu sein. In gewisser Weise wäre es so, als würde man eine Flagge der Konföderierten auf dem Kapitol in Washington anbringen.

EINWANDERUNGSLAND Es ist höchste Zeit, das Potenzial für eine völlig neue Aussage an der Spitze des Universalmuseums zu erkennen. Eine, die den offiziellen Status Deutschlands als Einwanderungsland und Land der vielen Religionen (und Atheisten) umfasst. Und seine Identität als ein Land, das sich mit den dunkelsten Kapiteln seiner jüngsten Geschichte auseinandersetzt.

Andernfalls wird man in 100 Jahren an dieser Stelle eine Tafel anbringen müssen, um zu erklären, wie zögerlich die Menschen 2022 waren, den multikulturellen Status ihrer Gesellschaft zu akzeptieren. Nicht unähnlich den Tafeln, die man heute sieht, um die »Judensau« und antisemitische Zitate zu erklären, die man an Kirchen des Mittelalters findet.

In gewisser Weise wäre es so, als würde man eine Flagge der Konföderierten auf dem Kapitol in Washington anbringen.

Anstatt auf diesen Tag zu warten, sollte man sich lieber mit den Rabbinern, christlichen Geistlichen und Imamen beraten, die an Berlins »House of One«, einem multireligiösen Ort des Lernens nicht weit vom Humboldt Forum, beteiligt sind.

INSPIRATION Oder man lässt sich von den Worten der Dichterin Emma Lazarus auf der New Yorker Freiheitsstatue inspirieren: »Behalte, altes Land, deinen geschichtsträchtigen Prunk! Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen.«

Oder von Menschen am Berliner Hauptbahnhof, die Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen. »Hier findet ihr Schutz.« Wie wäre es damit?

Die Autorin ist freie Journalistin und lebt in Berlin.

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Meinung

»Demokratie leben« braucht eine Inventur

Die Idee hinter dem Förderprogramm des Bundes mag gut sein, die Umsetzung ist es nicht. Viel zu oft profitieren Extremisten und Israelhasser von den öffentlichen Geldern

von Lennart Pfahler  08.07.2025

Michael Roth

Warum Jean Asselborn nicht mehr mein Freund ist

Luxemburgs langjähriger Außenminister verbreitet bei Tilo Jung Verschwörungstheorien über Israel. Nun kündigt ihm ein sozialdemokratischer Weggefährte die Freundschaft

von Michael Roth  07.07.2025 Aktualisiert

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025