Michael Thaidigsmann

Amnesty International und die Doppelmoral

Michael Thaidigsmann Foto: privat

Wer auf Fairness und Ausgewogenheit gehofft hatte, wurde erneut enttäuscht. Für Amnesty International gehört Israel weiterhin zu den schlimmsten Schurkenstaaten der Welt. Zumindest, wenn man sich den neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation zu Gemüte führt, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Darin ist der Vorwurf der »Apartheid«, also der einer rassistisch motivierten Unterdrückung der Palästinenser durch Juden, nur einer von vielen, wenngleich der schwerwiegendste. »Apartheid« praktiziert laut Amnesty übrigens nur Israel, kein anderes Land der Welt. Zumindest taucht der Begriff in dem 412 Seiten langen Bericht nur im Zusammenhang mit dem jüdischen Staat auf.

vorwürfe Ein »repressives und diskriminierendes System« herrsche in Israel. Der Staat handele »unmenschlich«, wende »übermäßige Gewalt« an, sein Handeln sei geprägt von »ungesetzlichen Tötungen«, »außergerichtlichen Hinrichtungen« und von gezielter »Folter und anderen Misshandlungen«.

Nichts ist Amnesty International zu billig, um es Israel anzuhängen – kein Adjektiv, keine Zuschreibung. Zwar bekommen im Kapitel »State of Palestine« auch Hamas und andere Terror-Organisationen ihr Fett ab. Aber immer da, wo Israel etwas Schlechtes nachgesagt werden kann, tut das der Bericht.

Mittlerweile arbeitet die Organisation frei nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, agitiert es sich ganz ungeniert.

Sicher, Lobeshymnen hätte niemand erwartet von einer Organisation, deren Rolle es ist, Missstände aufzuzeigen und Kritik zu üben. Aber Objektivität, Fairness und gleiche Maßstäbe sollte man trotzdem erwarten dürfen. Stattdessen setzt Amnesty bei Israel wie bereits im vergangenen Jahr auf doppelte Standards.

glaubwürdigkeit Mittlerweile arbeitet die Organisation frei nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, agitiert es sich ganz ungeniert. Das mag gut sein für das Fundraising unter Israel-Hassern weltweit, ist aber der eigenen Glaubwürdigkeit abträglich.

Denn bei aller berechtigten Kritik an Israel: Wer wie Amnesty International schlicht zu faul ist, Ursachen und Hintergründen von Konflikten auf den Grund zu gehen, sollte nicht mit dem Finger auf andere zeigen und von einer angeblichen »Doppelmoral« des Westens im Umgang mit Israel sprechen, wie Amnesty-Chefin Agnès Callamard das getan hat. Es ist nämlich die Doppelmoral von Amnesty International, die verstört.

thaidigsmann@juedische-allgemeine.de

Sabine Brandes

Trump greift Israels Demokratie an

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Meinung

Wieder ein Blankoscheck für Palästina?

Europa will Gazas Wiederaufbau finanziell fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, Millionen an Hilfsgeldern würden etwas zum Besseren verändern, fragt unser Autor

von Jacques Abramowicz  10.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025