Ronen Steinke

70 Millionen für die AfD-Stiftung?

Ronen Steinke Foto: dpa

Es kann gut sein, dass in ein paar Wochen eine Nachricht vom Bundesverfassungsgericht kommt, die niemandem, dem die Verfassung am Herzen liegt, gefallen kann. Es wird eine bittere Nachricht sein, bitter für die Demokratie. Bitter auch deshalb, weil diese Nachricht leider schon heute absehbar ist. Und bitter, weil Demokraten dies durch ihre eigene Unachtsamkeit selbst verschuldet haben.

Diese Nachricht lautet: Die AfD, diese noch junge, aber schon früh zu ausgesprochener Hässlichkeit herangereifte Partei, hat einen Rechtsanspruch auf Millionen Euro aus Steuermitteln – einen riesigen Haufen Geld, mit dem sie fortan ihr politisches Biotop düngen kann.

politische bildung Es geht um 70 Millionen Euro, verteilt auf vier Jahre. Die übrigen Bundestagsparteien bekommen solches Geld schon lange. Sie bekommen es, um politische Bildung zu betreiben und Stipendien an Studierende zu verteilen, was sie über ihre parteinahen Stiftungen organisieren – die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung, die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung und so weiter. Bislang ist die AfD nicht in diesem Klub. Wenn sie sich dort jetzt mit ihrer Desiderius-Erasmus-Stiftung hineinklagen kann, dann hieße das: Geld für die scharfgescheitelten Campus-Rassisten der »Identitären Bewegung«. Geld, das der AfD hilft, stärker Wurzeln zu schlagen in der Gesellschaft.

Die AfD ist keine Partei wie jede andere.

Das ist ein Schreckensszenario. Denn die AfD ist keine Partei wie jede andere. Spätestens nachdem in der vergangenen Woche vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wurde, ist aber absehbar: Die Richter werden womöglich gar nicht umhinkommen, der AfD dieses Geld zuzusprechen. Richter sind an das Recht gebunden.

Der Bundestag hat es versäumt, ein Gesetz zu schaffen, mit dem man die AfD-Stiftung rechtsstaatlich sauber aus diesem Klub ausschließt. Entgegen eindringlicher Mahnungen einzelner Abgeordneter wie des Grünen Konstantin von Notz oder auch aus der Wissenschaft ist das Parlament untätig geblieben.

Das muss sich nun ändern – dringend.

Der Autor ist Jurist und Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«.

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  09.02.2025

Bildung

Wissenschaftsfreiheit und Antisemitismus

Die Bundestagsresolution gegen Judenhass an Hochschulen und die Verantwortung der Universitäten. Ein Gastkommentar von Frederek Musall

von Frederek Musall  07.02.2025

Meinung

Vielleicht müssen erst alte Gewissheiten zerbrechen?

Die Welt tobt über Trumps Vorschlag für die Zukunft des Gazastreifens. Doch die Reaktion zeigt, wie viele Menschen Illusionen anhängen, wenn es um den Nahostkonflikt geht

von Daniel Neumann  07.02.2025

Meinung

München als Mahnung

Die Stadt brauchte 55 Jahre, um sich dazu durchzuringen, den Opfern des Brandanschlags auf das jüdische Gemeindehaus in der Reichenbachstraße ein Denkmal zu setzen. Die Täter sind bis heute nicht gefunden

von Georg M. Hafner  06.02.2025

Migrationspolitik

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten. Ein Appell unserer Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  05.02.2025

Meinung

Die Union kämpft für den Erhalt der Demokratie

Warum die Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz falsch und geschichtsvergessen ist

von Michael Wolffsohn  05.02.2025

Meinung

Die Union legitimiert die AfD und diffamiert alle Migranten

Friedrich Merz schafft ein Umfeld, in dem Ideen gedeihen, die sich kein Demokrat wünschen kann

von Liora Jaffe  05.02.2025

Appell

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen in der Migrationspolitik endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten

von Ayala Goldmann  05.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz und die Verschärfung der Migrationspolitik: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  05.02.2025 Aktualisiert