Im vergangenen Jahr absolvierte die britische Rockband Bush ihre erfolgreiche Greatest-Hits-Tournee. Post-Grunge-Klassiker wie »Glycerine«, »Machinehead« oder »Comedown« begeistern immer noch die Fans.
Frontmann Gavin Rossdale hatte allerdings gemischte Gefühle. »Wenn ich mit meinen Greatest Hits auf Tour gehe, fühlt sich das für mich ein bisschen wie eine kreative Bankrotterklärung an«, sagt Rossdale der Deutschen Presse-Agentur. »Ich liebe es, Songs zu schreiben. Es tut mir gut. Es ist wie eine Dusche für die Seele.«
Deshalb schreibt der 59-Jährige Musiker mit jüdischem Familienhintergrund regelmäßig und reichlich Songs. Einige davon sind nun auf dem neuen Bush-Album »I Beat Loneliness« zu hören. Der Titel ist ironisch gemeint. »Ich glaube, man kann die Einsamkeit nicht besiegen«, sagt Rossdale.
Psychische Gesundheit
»Das Leben ist einsam, und es gibt diese Momente, in denen man sich den Dingen allein stellen muss. Deswegen ist mir das Thema der psychischen Gesundheit so wichtig. Denn manchmal kann man niemandem erklären, was los ist, und darunter leiden die betroffenen Menschen.«
Psychische Gesundheit, psychische Probleme - das sind die übergeordneten Themen des zehnten Bush-Studioalbums. Man erkennt es schon an Songtiteln wie »Scars«, »We’re All The Same On The Inside« oder »Everyone Is Broken«. Letztere ist eine ergreifende Ballade mit einem packenden Ende.
Die Single »60 Ways To Forget People« ist ein weiterer Höhepunkt des Albums. »Ich schreibe gern Lieder, in denen sich die Menschen wiederfinden und aus denen sie Stärke beziehen«, sagt der Sänger, dessen Vater Jude ist. »Es ist wichtig, dass sich die Leute nicht allein fühlen«.
Musik als Lebensretter?
Rossdale sieht sich in der Verantwortung und macht sich damit eine Menge Druck. Gleichzeitig hört man ihm an, dass er sich selbst nicht zu wichtig nehmen will.
»Ich weiß, es klingt vielleicht lächerlich, aber als ich angefangen habe, an der Platte zu schreiben, dachte ich: Wenn ich nichts sagen kann, was wirklich wertvoll ist – was ist dann überhaupt der Sinn? Wozu überhaupt schreiben, wenn es nicht hilfreich und bedeutungsvoll ist, wenn man es in die Welt hinausträgt?«
Der Songtitel »I Am Here To Save Your Life« ist daher in gewisser Weise wörtlich zu nehmen. Musik als Lebensretter. »Es gibt nichts Ungerechteres als wenn Menschen denken, ihr Leben ist es nicht wert zu leben«, erklärt der 59-Jährige. Fans hätten ihm von Suizidgedanken erzählt. »Das berührt mich wirklich sehr. Leute sagen zu mir: »Hör nicht auf zu schreiben. Bitte hör einfach nicht auf.« Buchstäblich deshalb habe ich den Song »I Am Here To Save Your Life« geschrieben.«
Schwere Gitarrensounds
Passend zum Thema geht es gewohnt schwermütig und melancholisch zu - natürlich mit kräftigen Gitarren. Und doch ist kein Bush-Album wie sein Vorgänger. »Ich wusste, dass ich etwas wirklich Vielschichtiges machen wollte, etwas wirklich Interessantes - und dabei so viel wie möglich experimentieren«, sagt der Frontmann der 1992 in London gegründeten Band.
Die Musik braucht ein paar Durchläufe, bis sich die Melodien im Kopf etablieren. Aber das wird belohnt. »Jeder Song ist wie eine Entdeckungsreise«, stellt Rossdale treffend fest. »Für mich als Songwriter macht es einfach viel mehr Spaß, in einem dichten Dschungel zu schreiben – einem Klangdschungel.« (mit ja)