Entdeckung

»Wir wollen nach Eretz«

Regina Jonas (1902–1944) Foto: Centrum Judaicum

Zunächst nur auf Hebräisch, aber wenig später auch auf Englisch wartete die Israelische Nationalbibliothek in Jerusalem vor wenigen Tagen, am 12. Juli, in ihrem Blog mit einer kleinen Sensation auf, indem sie einen Brief von Rabbinerin Regina Jonas veröffentlichte, der bisher gänzlich unbekannt war.

Regina Jonas, am 3. August 1902 in Berlin geboren und am 12. Oktober 1944 in Auschwitz ermordet, ist inzwischen in jüdischen Kreisen in Deutschland und darüber hinaus eine Ikone. Sie war weltweit die erste Frau, die zur Rabbinerin ordiniert wurde, und amtierte noch während der Nazizeit in mehreren Berliner Synagogen. Jonas schrieb am 12. Dezember 1938, in einer Zeit, in der es für die deutschen Juden immer unerträglicher wurde, an Martin Buber, der damals schon in Jerusalem lebte, und bat ihn um Rat und Hilfe.

Original Die Verfasserin des Blogeintrags, Melody Brun, fasst die wesentlichen Punkte des Briefes zusammen und zitiert wichtige Stellen, aber durch die Übersetzung geht leider vieles verloren; der deutsche Originaltext ist außerdem an manchen Stellen sehr schwer zu entziffern.

Wichtig scheint die bisher unbekannte Tatsache, dass die 36 Jahre alte Regina Jonas, die »unter heute nicht zu schildernden Opfern […] den Rabbiner(in)beruf« ergriff, gemeinsam mit ihrer Mutter nach Eretz Israel auswandern wollte: »Da ich vornehmlich rel[igiös] eingestellt bin u. wir aus allen nicht näher zu erläuternden Gründen Eretz lieben, wollten wir […] nach Eretz. […] Von meinem Beruf weichen darf u. kann u. will ich nicht –. Ich muß in ihm wirken.« Jonas stellt dann Martin Buber die Frage, ob in Eretz Israel »eine Möglichkeit« bestünde.

Ausführlich geht sie auf ihren Werdegang ein, schildert die Tragik, dass ihr akademischer Lehrer Eduard Baneth zwar noch ihre Qualifikationsarbeit an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums annehmen und bewerten, sie aber zur Prüfung an der Hochschule nicht zugelassen werden konnte, weil ihr Lehrer am 7. August 1930, zwei Tage vor seinem 75. Geburtstag, starb.

Zeugnis Dies ist zwar spätestens seit den grundlegenden Arbeiten von Elisa Klapheck, heute Rabbinerin in Frankfurt am Main, bekannt, aber das alles noch einmal sozusagen aus dem Mund von Regina Jonas zu hören, ist bewegend, wie überhaupt der ganze Brief ein ergreifendes Zeugnis ist. Er ist in großer Erregung geschrieben, teilweise sehr fahrig und unordentlich, was sicher der Situation geschuldet ist.

Am Ende ihres Briefes schreibt Regina Jonas: »Vielleicht können Sie gütigst eine Rabbinertätigkeit für mich ermöglichen – Verzeihen Sie bitte, daß ich nicht auf der Maschine schreibe, da ich keine habe und bei m[einen] großen Verpflichtungen und dem privaten Charakter des Briefes ihn auch nicht schreiben lassen konnte. Darf ich mir erg[ebenst] den Scherz erlauben, so schlecht wie meine Schrift, die ich durch viel Collegschreiben verdarb, bin ich nicht.«

Regina Jonas hat auf das erste Blatt des Briefes notiert, dass sie ihm einen »coupon-réponse international« – einen Internationalen Antwortschein – beigegeben hat.

Eine Antwort von Martin Buber scheint es nicht gegeben zu haben, oder sie hat sich nicht erhalten, wie Sabine Hank vom Archiv des Centrum Judaicum, wo die erhaltenen Dokumente von Jonas verwahrt werden, mitgeteilt hat. Das wichtige Zeugnis von Regina Jonas hätte es verdient, vollständig veröffentlicht zu werden.

Der Link zum Brief:
http://web.nli.org.il/sites/NLI/English/library/reading_corner/Pages/rabbi_regina_jonas.aspx

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  16.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  15.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025

Kolumne

Hineni!

Unsere Autorin trennt sich von alten Dingen und bereitet sich auf den Winter vor

von Laura Cazés  13.11.2025