Musik

»Wir sind besser als das Original«

»Zuerst habe ich gar nicht begriffen, was sie von mir will«: Eldad Zitrin (r.) über Irit Dekel Foto: Stephan Pramme

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»Wir sind besser als das Original«

Irit Dekel und Eldad Zitrin über ihr Cover-Album, die erste große Deutschlandtournee und typisch israelischen Sound

von Jonathan Scheiner  11.05.2015 14:20 Uhr

Irit, Eldad, Sie gelten als das neue Dream-Team der jungen israelischen Musikszene. Mit Ihrem neuen Album gehen Sie nun auch auf große Tournee in Deutschland. Wie sind die Stücke zu »Last of Songs« entstanden?
Irit: Ich hatte die Idee, Jazz-Standards, also die guten alten Hits des American Songbook, neu zu interpretieren. Ich suchte dafür einen Produzenten, so haben wir uns kennengelernt. Es gab sofort eine direkte und unmittelbare Verbindung zwischen uns.
Eldad: Na ja, zuerst habe ich gar nicht begriffen, was Irit von mir will! Es gibt ja schon Millionen von Versionen dieser alten Hits. Zuerst haben wir Songs aus den 20ern und 30ern, dann aus den 60er- und 70er-Jahren probiert, bis wir gemerkt haben, dass wir eigentlich ein Tribut-Album auf die großen amerikanischen Jazzsongs machen: »Bye Bye Love« oder »Get Happy« haben schließlich die meisten schon einmal gehört. Man kennt die Songs von Ray Charles oder Barbra Streisand.

Wobei Ihre Stücke ja nicht nach Jazzstandards, sondern eher nach Pop klingen. Man erkennt die »Good Old Songs« erst beim zweiten Hinhören.
Eldad: Das liegt an meiner Herangehensweise. Wenn du Remakes von Songs machst, dann muss dir klar sein, dass es ja schon tonnenweise Versionen davon gibt. Ich habe Irit gleich zu Anfang gesagt: Wenn wir nicht viel besser als das Original sind und wir nicht völlig neu klingen – dann lass es einfach sein! Und wir sind besser als das Original! Das wollen wir dem Publikum jetzt auch bei unserer ersten großen Tournee durch Deutschland zeigen. Man darf sehr gespannt sein.

Wie haben Sie angefangen, die alten Songs zu bearbeiten?
Irit: Anfangs hatten wir nur Entwürfe, nur das Gerüst der Songs, hauptsächlich mit Gesang und Klavier. Und die Grundzüge der Arrangements natürlich.
Eldad: Nein! Zuerst haben wir uns nur getroffen und geredet.
Irit: Stimmt. Du warst ja sehr skeptisch ...
Eldad: Beim zweiten Treffen haben wir uns entschieden, einen Song wenigstens einmal zu spielen, um zu sehen, was passiert. Das war »Blues in the Night«. So wie wir ihn damals gespielt haben, ist er nun auch auf der Platte zu hören. Das war tatsächlich blindes Verständnis von Anfang an.

Eldad, Sie sind eigentlich Jazz-Saxofonist, doch dieses Instrument ist auf dem Album nirgends zu hören. Wie kam das?

Eldad: Wir haben es anfangs mit Saxofon versucht, aber es hat nicht funktioniert. Das Instrument repräsentiert Jazz, aber das ganze Album dreht sich darum, dass es eben nicht nach Jazz klingen soll. Die Songs sind ja schon mehr als 1000-mal mit dem Saxofon gedudelt worden. Stattdessen haben wir die türkische Klarinette eingebaut, die Duduk. Und auch das Kanun, eine orientalische Kastenzither.

Und dann gibt es ja noch die Alaev-Family, eine jüdische Großfamilie aus Buchara, von der auf dem Album jeder ein exotisches Instrument spielt.
Eldad: Das kam, weil ich in der Band der israelisch-persischen Sängerin Rita spielte, deren musikalischer Arrangeur ich war. Rita ist in Israel ein Star, die auf Farsi singt. Vor ein paar Jahren habe ich ein Album und eine Tour mit ihr gemacht, bei der auch zwei Alaev-Familienmitglieder mit von der Partie waren. So habe ich die Familie kennengelernt. Als wir an unserem Album gearbeitet haben, ist uns bald klar geworden, dass wir sie mit dabei haben sollten.

Würden Sie die Musik auf »Last of Songs« als typisch israelische Musik beschreiben?

Irit: Definitiv!
Eldad: Definitiv nicht!

Was denn nun?
Irit: Der Kurzhalslaute Oud ist typisch für den Mittleren Osten, aber er ist genauso wenig wie die persische Stachelgeige ein israelisches Instrument. Ich denke, Israel ist ein Mix: Die Kultur des Landes ist eine Mischung. Und so ist auch unsere Musik eine Mischung aus vielem.

So wie Sie selbst?
Irit: Ja, meine Eltern sind Immigranten aus der Ukraine. Wegen meines Aussehens und weil keiner meinen Vater kannte, habe ich immer behauptet, dass ich eigentlich aus Spanien komme. Alle haben mir das abgekauft. Zumal mein Familienname nicht ukrainisch klingt. Mein Nachname Dekel bedeutet übrigens Dattelpalme (lacht).

Sind Sie auch eine Mischung, Eldad?

Eldad: Ich bin halb griechisch und halb polnisch ...
Irit: ... und gleich sagt er sicher wieder, dass er mehr griechisch als polnisch ist. Wetten?
Eldad: Meine Großeltern kamen ursprünglich aus Griechenland und haben die Schoa in Italien überlebt. Mein Vater ist in Israel geboren, aber seine Eltern kamen aus Polen.
Irit: Die polnische Musik ist einzigartig. Mich persönlich hat sie sehr geprägt.

Inwiefern hatte sie Einfluss auf Sie?
Irit: Die polnischstämmige israelische Sängerin Chava Alberstein ist sehr wichtig für mich. Es gibt mehr als 50 Alben von ihr, und alle sind unglaublich. Sie hat auch eine großartige Bühnenpräsenz: sehr polnisch!

Was soll das denn heißen?
Irit: Na ja, sie ist halt »old school«. Nicht so eine Diva wie viele andere heutzutage.
Eldad: Ganz ehrlich: Wenn jemand mit einer Diva zusammenarbeitet, dann ich. Ich kann ein Lied davon singen, wie schwer das manchmal sein kann (lacht).

Und welche musikalischen Vorbilder haben Sie geprägt, Eldad?

Eldad: Yoni Rechter hatte großen Einfluss auf mich. Und Shlomo Gronich, Arik Einstein und Shlomo Artzi. Rami Kleinstein habe ich viel gehört, als ich 16 Jahre alt war, genauso wie Sting. Ein wenig von allen eben. Ich glaube, alles, was ein Musiker hört, beeinflusst ihn. Ich habe als klassischer Pianist angefangen und bin dann in die Welt des Jazz vorgedrungen. Doch gearbeitet habe ich eher auf der Pop-Seite. Das alles ergibt den Mix, für den ich heute stehe.

Wie schwierig ist es, in Israel als reiner Jazzmusiker über die Runden zu kommen?
Eldad: Wenn du als Musiker in Israel überleben willst, dann musst du fast jede Musik spielen, nicht nur Jazz. Das beeinflusst den Stil der israelischen Musiker – und macht sie am Ende auch so gut.
Irit: Hand aufs Herz: Wir haben mieses Fernsehen in Israel, aber die Musik ist unerreicht.

Sie müssen es wissen, Sie kommen schließlich vom Schauspiel.

Irit: Ich habe eine Schauspielausbildung an der Beit Zvi in Ramat Gan erhalten. Doch es ist nicht so, dass ich eine Schauspielerin war, die zur Musik gekommen ist. Ich mache schon von klein auf Musik.

Und die Schauspielerei haben Sie aufgegeben?
Irit: Nein, zurzeit spiele ich in »Eifo Ata Hai« mit, einer neuen TV-Serie auf Channel 1.
Eldad: Für die ich die Musik geschrieben habe ...
Irit: ... und für die wir auch den Titelsong gespielt haben. Wenn schon nicht die Sendung stimmt, dann wenigstens die Musik.

Das Gespräch führte Jonathan Scheiner.

Tourtermine: 19.5. (Mainz), 20.5. (Karlsruhe), 3.6. (Bremen), 4.6. (Kiel), 5.6. (Flensburg) und 6.6 (Lübeck)
Alle Infos unter: www.lastofsongs.com

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