Gesundheit

Wenn die Pumpe streikt

Foto: Thinkstock

Plötzlich war er da – der stark stechende und ausstrahlende Schmerz im Brustbereich. »Hinzu kamen noch Atemnot und Übelkeit«, erinnert sich Jossi Lazzar. »Erst dachte ich, es wäre eine fette Magen-Darm-Grippe, schließlich war ich zu diesem Zeitpunkt gerade erst 28 Jahre alt«, so der heute 34-jährige Software-Ingenieur aus Herzlija. »Doch in der Notaufnahme kam der Schock. Die Ärzte offenbarten mir, dass es sich um einen ausgewachsenen Herzinfarkt handelte. Dabei hatte ich immer geglaubt, nur Menschen im Alter von 40 plus wären von so etwas betroffen.«

Weit gefehlt, wie nun eine aktuelle Studie aus Großbritannien belegt. Vor allem diejenigen, die wie Jossi Lazzar gerne zur Zigarette greifen, erwischt es überdurchschnittlich oft. Denn wer jünger als 50 ist und regelmäßig raucht, der hat ein achtmal höheres Risiko für einen Herzinfarkt als Nichtraucher, so das Resultat einer Auswertung der Daten von 1727 Erwachsenen, die einen solchen bereits erlitten hatten.

ursachen »Erst in der Altersgruppe zwischen 50 und 65 sinkt die Wahrscheinlichkeit auf das Fünffache und danach auf das Dreifache«, kommentiert der Kardiologe Yaron Arbel vom Tel Aviv Medical Center in einem viel beachteten Editorial im Fachmagazin »Heart« die Ergebnisse. Das hat ganz einfache Ursachen. »Jüngere haben rein statistisch betrachtet weniger Gesundheitsprobleme wie Diabetes, Bluthochdruck oder einen erhöhten Cholesterinspiegel.« Das ändert sich jedoch im späteren Leben. »Weshalb dann auch bei Nichtrauchern Herzinfarkte öfter auftreten und sich die Diskrepanz zwischen beiden Gruppen relativiert.«

Der Tabakkonsum ist in einer früheren Lebensphase aber definitiv der relevanteste Risikofaktor. »Im Durchschnitt sind Raucher rund zehn bis elf Jahre jünger, wenn sie einen Herzinfarkt erleiden.« Arbels Fazit lautet daher: »Wir müssen vor allem Jüngere mit unserer Aufklärungsarbeit erreichen und sie gezielt ansprechen. Genau deshalb sind Studien wie diese aus England so wichtig, um mit exakten Daten aufwarten zu können.« Zudem empfiehlt der Kardiologe speziell auf diese Altersgruppe ausgerichtete Therapieansätze zur Entwöhnung. »Aber manchmal kann man bereits von einem Erfolg sprechen, wenn Raucher die Anzahl der Zigaretten deshalb reduzieren.«

In Israel selbst haben Informationskampagnen über die Gefahren des Tabaks einigen Erfolg gehabt. 27,3 Prozent aller Männer im Alter von 21 plus sind zwar laut den Statistiken Raucher – zum Vergleich: In der EU sind es 28,5 Prozent. Aber vor allem Frauen greifen im jüdischen Staat deutlich weniger zum Glimmstängel. Nur 12,6 Prozent rauchen, in der EU sind es 17,7 Prozent.

diskrepanz Der Grund für diese auffallende Geschlechterdiskrepanz: Männliche arabische Israelis rauchen zwar weitaus häufiger als jüdische, bei den weiblichen arabischen Israelis ist das Verhältnis genau umgekehrt, sie konsumieren deutlich weniger Tabak als jüdische. Bemerkenswert sind ebenfalls die Zahlen, wie viel Geld Israelis für Tabakprodukte jedes Jahr ausgeben: 2,1 Milliarden Dollar. Für Milchprodukte dagegen nur 1,9 Milliarden Dollar.

Eine Sache aber vergisst Yaron Arbel zu erwähnen: das sogenannte Raucherparadox. Die Überlebenschancen von Tabakkonsumenten nach einem Herzinfarkt sind deutlich besser als die von Personen, die ihr Leben lang die Finger von den Glimmstängeln gelassen haben.

Der Grund dafür ist ein sehr einfacher. Schließlich sind sie im Durchschnitt genau diese zehn bis elf Jahre jünger, von denen der Tel Aviver Experte auch sprach. Darum haben sie einen handfesten Überlebensvorteil: Ihr Risikoprofil hat noch nicht die volle Auswirkung entfalten können wie bei älteren Herzinfarktpatienten. Zu diesem Schluss kam erst jüngst eine Arbeitsgruppe vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. Dadurch könnten sie sich schneller von den Folgen eines Infarkts wieder erholen. So wie auch Jossi Lazzar.

Interview

»Die Zeit der Exzesse ist vorbei«

In ihrem neuen Buch »Glamour« setzt sich die Berliner Autorin Ute Cohen mit Schönheit und Eleganz auseinander. Dabei spielt auch Magie eine Rolle - und der Mut, sich selbst in einer »Zwischenwelt« inszenieren zu wollen

von Stefan Meetschen  17.12.2025 Aktualisiert

Potsdam

Kontroverse um Anne-Frank-Bild mit Kufiya

Ein Porträt von Anne Frank mit Palästinensertuch in einem Potsdamer Museum entfacht Streit. Während Kritiker darin antisemitische Tendenzen sehen, verteidigt das Museum das Bild. Die Hintergründe

von Monika Wendel  17.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Nachruf

Albtraum in der Traumfabrik

Eine Familientragödie hat den Hollywood-Riesen und seine Frau aus dem Leben gerissen. An Rob Reiners Filmen voller Menschenliebe wie »Harry und Sally« ist eine ganze Generation mitgewachsen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025

Theater

Die Krise des Schlemihl

»Sabotage« von Yael Ronen ist ein witziger Abend über einen Juden, der sich ständig für den Gaza-Krieg rechtfertigen muss

von Stephen Tree  17.12.2025

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.12.2025

Zahl der Woche

30 Minuten

Fun Facts und Wissenswertes

 17.12.2025

Musik

Großes Konzert: Xavier Naidoo startete Tournee

Die Synagogen-Gemeinde Köln kritisiert: »Gerade in einer Zeit zunehmender antisemitischer Vorfälle ist es problematisch, Herrn Naidoo eine Bühne zu bieten«

 17.12.2025

"Imanuels Interpreten" (16)

Ethel Lindsey: Queer und funky

Die Französin mit israelischen Wurzeln bringt mit ihrem Debütalbum »Pretty Close« die 70er-Jahre zurück

von Imanuel Marcus  17.12.2025