Film

Von Männern in Mea Shearim

Autor und Regisseur: Tuvia Tenenbom Foto: Isi Tenenbom

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Von Männern in Mea Shearim

In »God speaks Yiddish« beleuchtet Tuvia Tenenbom wunderbare und problematische Seiten der charedischen Gemeinschaft

von Ayala Goldmann  26.06.2024 10:23 Uhr

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Man muss kein Fan von Tuvia Tenenbom sein, um God speaks Yiddish zu mögen. Der neue Film des Autors und Regisseurs, der teilweise auf seinem Buch Gott spricht Jiddisch: Mein Jahr unter Ultraorthodoxen basiert, wurde am Wochenende beim Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg (JFBB) gezeigt.

Es ist ein Film mit Herz und Verstand, natürlich nicht ohne Tenenboms übliche Provokationen, die in diesem Zusammenhang allerdings ins Schwarze treffen (mit einer Ausnahme, aber dazu später). Bei aller Liebe, die Tuvia Tenenbom der charedischen Gesellschaft immer noch entgegenbringt – der Autor wurde in Bnei Brak geboren, wuchs im Jerusalemer Viertel Mea Shearim auf, verließ als junger Mann die Gemeinschaft und diente in der israelischen Armee –, ist God speaks Yiddish keineswegs blind für die Probleme und Dilemmata innerhalb dieser Bubble.

Ein Ex-Charedi spricht über Missbrauch durch seinen Rabbi als Kind

Gleich zu Beginn des Films sieht man Tenenbom in der israelischen Bahn auf dem Weg nach Jerusalem. Sein Gesprächspartner ist verpixelt – aus gutem Grund: Er ist ein Ex-Charedi Anfang 30, der dem Regisseur erzählt, als Kind sei er jahrelang mehrmals die Woche von seinem Rabbiner vergewaltigt worden. An seinen Erinnerungen an den Missbrauch sei seine Ehe nach drei Monaten gescheitert, danach habe er die Community verlassen und sei keine Beziehung mehr eingegangen.

Ein verwandtes Thema taucht später wieder im Film auf, bei einem Interview mit einem Paar – beide Konvertiten, die in fließendem Jiddisch über Vorurteile berichten, die ihnen und ihren Kindern entgegengebracht werden. Ihr inzwischen erwachsener Sohn habe der charedischen Gemeinschaft den Rücken gekehrt und rauche Gras, erzählt seine Mutter. Allerdings nicht am Schabbat.

Um Material zu sammeln, lebte Tenenbom länger in Mea Shearim. Dass er selbst Jiddisch spricht, ebnete ihm den Weg zu Interviews mit Rabbinern – auch mit Antizionisten, die sonst mit Journalisten nicht sprechen. Wie Tenenbom versucht, eine Antwort auf die Fragen zu bekommen, warum manche Chassidim Strejml tragen oder wo die Bibel Frauen vorschreibe, ihre Haare zu bedecken, ist mehr als filmreif. Und wie stark er sich der Community verbunden ist, wird an einer Szene mit einem Vishnitzer Chassiden deutlich, der vor der Kamera Schabbat-Smirot singt – so beseelt, dass man sich diesem Wunder nicht entziehen kann.

Tenenbom gerierte sich beim Publikumsgespräch als Experte für Frauen

Doch überflüssigerweise gerierte sich Tenenbom beim Publikumsgespräch nach dem Film auch als Experte für Frauen, zitierte Umfragen und behauptete, in der charedischen Welt seien nicht nur viele Männer, sondern ebenso Frauen glücklich und hätten ein gutes Leben. Vor seine Kamera bekam er aber nur eine einzige charedische Frau, die bereits erwähnte Konvertitin. Woher will Tenenbom so genau wissen, wie happy es macht, Mutter in einer ultraorthodoxen Durchschnittsfamilie mit 7,2 Kindern zu sein? Mit wie vielen charedischen Frauen von heute konnte er sprechen, ohne dass ihre Männer dabei waren?

Auf eine andere Frage hatte Tenenbom eine Antwort parat: ob er für einen Wehrdienst von Charedim in Israel sei (Anmerkung der Redaktion: Am Dienstag entschied das Oberste Gericht Israels, dass auch ultraorthodoxe Männer eingezogen werden müssen). Der Regisseur verwies auf seinen eigenen Dienst in der Armee und darauf, dass säkulare Parteien aller politischen Lager sich ihre Macht durch Abkommen mit ultraorthodoxen Parteien erkaufen. Koalitions-Deals beinhalten in der Tat eine Befreiung charedischer Männer vom Wehrdienst – und das seit Jahrzehnten. Man könne für die heutige Situation nicht nur die Charedim verantwortlich machen, sagte Tenenbom.

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