Archäologie

Vergangenheit, durchleuchtet

Wenn es um historische Funde geht, kommt in vielen Ländern oft der Zufall in Gestalt eines Bauarbeiters daher – und man kann kurz darauf Schlagzeilen über archäologische Sensationsentdeckungen lesen. Wie viele historische Bauten oder Kostbarkeiten dagegen nicht gefunden werden, weil sie ein paar Meter weiter neben der gerade ausgehobenen Baugrube für ein Parkhaus oder ein Bürogebäude liegen, kann nur gemutmaßt werden.

In Israel ist man da einen Schritt weiter, denn Städte wie Jerusalem haben die Zeit überdauert, und so befinden sich unter den heutigen Straßen, Fabriken und Wohngebäuden der Stadt überall Relikte aus biblischer, römischer und byzantinischer Zeit. Daher müssen Bauherren in Israel Archäologen hinzuziehen, bevor sie überhaupt anfangen können, ein geplantes Gebäude zu errichten – und das kann sehr zeitaufwendig sein. Selbst bei den großen, weltweit bekannten Ausgrabungen in unbewohnten Gebieten können in vielen Jahren Arbeit oft nur fünf Prozent der eigentlichen Fundstelle sorgfältig freigelegt werden.

Bedenkt man solche Verzögerungen, wird klar, dass Geschäftsleute, aber auch Beamte Druck auf die beteiligten Archäologen ausüben, die Stelle doch endlich freizugeben, damit es mit der Stadtentwicklung oder dem Geschäft weitergehen kann. Wird aber ein Gebäude oder eine Straße über einer Fundstelle errichtet, dann drückt das Gewicht auf den darunterliegenden Boden und beschädigt damit die teilweise mehrere tausend Jahre alten Artefakte.

drohnen Der Geophysiker Lev Eppelbaum von der Universität Tel Aviv hat nun eine Methode entwickelt, mit der es möglich ist, praktisch mehrere Meter tief in den Boden zu sehen, ohne ihn langwierig mit Spaten, Pinsel und kleinen Kellen aufgraben zu müssen. Dazu verbindet Eppelbaum schon bekannte Messtechniken zu einem regelrechten Werkzeugkasten. Gemessen werden etwa die elektrische Leitfähigkeit des Bodens, Temperatur und Magnetismus, die Fortpflanzung von Vibrationen und verschiedene geophysische Größen. Dabei kommt zum Beispiel auch Sonar zum Einsatz – also die Technik, die von U-Booten für Unterwasserortung und Kommunikation benutzt wird. In schwer zugänglichem Gelände sollen unbemannte Drohnen zum Einsatz kommen, also Kleinflugzeuge mit speziellen Sensoren.

Jede dieser Techniken wird bereits angewandt – ist aber für sich genommen zu fehleranfällig, um damit zuverlässige Rückschlüsse über das, was im Boden vorhanden ist, treffen zu können. Gestört werden diese Ergebnisse bei den einzelnen Messungen von allen möglichen Quellen: Das »Rauschen irrelevanter Objekte«, wie Eppelbaum es nennt, also zum Beispiel von Wasserrohren oder elektrischen Leitungen, führt dabei zu Fehlern. Und daher können die Ergebnisse der einzelnen Methoden so unterschiedlich ausfallen, dass bisher fast immer Resultate herauskamen, die in sich so widersprüchlich sind, dass aus ihnen nichts mehr herausgelesen werden kann. Mit anderen Worten: Sie stimmten ganz einfach nicht. Mit der computergestützten Kombination der unterschiedlichen Messverfahren ist es Eppelbaum und seinem Team nun aber gelungen, diese Störungen herauszufiltern. Per bildgebenden Verfahren lässt sich eine dreidimensionale Darstellung mit genauen Koordinaten von potenziellen Fundstücken errechnen.

zeitersparnis Welche Störungen und Falschmessungen bei den jeweiligen Verfahren auftreten können, ist bekannt. Eppelbaums Computer-Algorithmen können diese Störungen interpretieren, indem sie sie mit den anderen Messmethoden vergleichen. Und damit nicht etwa ein einziger Fehler zu einem insgesamt völlig falschen Bild führt, ist das Verfahren mehrfach redundant angelegt – das bedeutet, dass kein Schluss, der gezogen wird, nur auf einem einzigen Messverfahren beruht.

Durch die moderne Stadtentwicklung würden viele archäologische Stätten beschädigt oder zerstört, erklärt Eppelbaum. Wenn man dagegen schon vor einem eventuellen Baubeginn feststellen könnte, ob sich interessante historische Artefakte im Boden befänden – immerhin 20.000 bisher unerschlossene archäologische Stätten soll es in Israel heute noch geben –, könnte man schnell beurteilen, ob eine Ausgrabung lohnend wäre oder ob die Arbeiten wie geplant vonstatten gehen könnten.

Und so werden wohl demnächst vor Baubeginn erst einmal verschiedene Drohnen, Messstationen und geophysisches Gerät potenzielle Bauplätze bevölkern. Eppelbaum schätzt, dass trotz des hohen Technikaufwands die Methode 30 bis 40 Mal kostengünstiger ist als die bisherigen Verfahren – dazu kommt natürlich noch die Zeitersparnis, die vor allem für Bauherren wichtig ist. Nur ausgraben muss man das Gefundene auch dann noch mit Spaten und Kelle.

Berlin

Mut im Angesicht des Grauens: »Gerechte unter den Völkern« im Porträt

Das Buch sei »eine Lektion, die uns lehrt, dass es selbst in den dunkelsten Zeiten Menschen gab, die das Gute dem Bösen vorzogen«, heißt es im Vorwort

 17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Berlin

»Stärker als die Angst ist das menschliche Herz«

Die Claims Conference präsentiert in einem Bildband 36 Männer und Frauen, die während der Schoa ihr Leben riskierten, um Juden zu retten

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Auszeichnung

Theodor-Wolff-Preis an Journalisten vergeben

Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den langjährigen Chefredakteur des »Berliner Tageblatts«, Theodor Wolff (1868-1943)

 17.09.2025

Los Angeles

Barbra Streisand über Dreh mit Robert Redford: »Pure Freude«

Mit dem Klassiker »The Way We Were« (»So wie wir waren«) brachen die beiden Stars in den 70er-Jahren Millionen Herzen. Nach dem Tod von Redford blickt Hollywood-Ikone Streisand zurück auf den Dreh

von Lukas Dubro  17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Für Toleranz, Demokratie: Margot Friedländer Preis vergeben

Es ist die erste Preisverleihung nach dem Tod der Stifterin. Ausgezeichnet wird der Einsatz für die Ideale der im Frühjahr gestorbenen Holocaust-Überlebenden

 17.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025