Kino

Schtetl, Trauer, Terror

Die Macher von »Shttl« bei der Preisverleihung Foto: JFBB/Goethe

Kino

Schtetl, Trauer, Terror

Beim Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg gingen die Hauptpreise an den Spielfilm »Shttl« und die Dokumentation »Knock on the Door«

von Ayala Goldmann, Joshua Schultheis  22.06.2023 08:01 Uhr

Beim 29. Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg (JFBB) haben die Werke Shttl und Knock on the Door die Hauptpreise gewonnen. Die Ehrung fand am Freitagabend im Berliner Kino Filmkunst 66 statt.

Den Preis für den besten Spielfilm erhielt die französisch-ukrainische Produktion Shttl von Regisseur Ady Walter. Der Film spielt im Juni 1941 an der Grenze der sowjetischen Ukraine zu dem von den Nazis besetzten Polen. Noch befinden sich die beiden Mächte nicht im Krieg gegeneinander. Der junge Jude Mendele (Moshe Lobel) kehrt für ein paar Tage in sein Schtetl zurück, das er verlassen hatte, um in Kiew Filmemacher zu werden. Für seinen frommen Vater ist das gottlose »Zauberei«.

widerspruch Ohnehin könnte der Widerspruch zwischen Mendele und seinem Heimatort nicht größer sein: Er ist Kommunist, der ein säkulares Leben führen will, während die meisten Menschen im Schtetl die Moderne ablehnen und an den Geboten ihrer Religion festhalten. Mit einer fulminanten Kameraarbeit und in Schwarz-Weiß-
Bildern – episodisch gebrochen durch Farbaufnahmen – werden in Shttl die Konflikte thematisiert, die das osteuropäische Judentum vor der Schoa beschäftigten – vor dem Hintergrund der nahen Vernichtung der Welt des Schtetls.

Für die Jury des JFBB war das preiswürdig: »Eine junge und neue Stimme im Kino. Mit einem einzigartigen Stil und außergewöhnlicher Bildsprache«, hieß es in der Begründung. Die Spielfilmjury bestand aus Hannah Dannel, Referentin für Kultur und Kommunikation beim Zentralrat der Juden in Deutschland, dem italienischen Regisseur und Drehbuchautor Alberto Caviglia sowie der Produzentin Ada Solomon aus Rumänien.

Der Gershon-Klein-Dokumentarfilmpreis ging an Knock on the Door. »Eine einfühlsame Geschichte über eine lebensverändernde Erfahrung, in der die intime Tragödie einer Familie zu einem universellen Film über Trauer wird«, so die Jury. In diesem Film überbringen Offizierinnen und Offiziere der israelischen Streitkräfte die Todesnachrichten an die Familien der getöteten Soldatinnen und Soldaten.

Bei den Dokumentarfilmen trafen Abigail Prade, die Filmbeauftragte der Claims Conference, der französische Drehbuchautor Geoffroy Grison und der russische Filmer Nikita Pavlov, der in Berlin lebt, die Entscheidung. Die Gershon-Klein-Preise sind mit jeweils 3000 Euro dotiert. Die israelische Dokumentation Tantura erhielt den Preis für interkulturellen Dialog, der Preis zur Förderung des filmischen Nachwuchses entfiel auf Closed Circuit von Tal Inbar über die Überlebenden eines Terroranschlages in einem Tel Aviver Café.

BANDBREITE »Die Preisträgerinnen und Preisträger reflektieren die gesamte Bandbreite des Programms und bringen unterschiedliche Blickwinkel auf die Leinwand«, sagte Bernd Buder, Programmdirektor des JFBB. »Die Filme bilden damit die Pluralität und Vielschichtigkeit des jüdischen Kinos ab.«

Zu den Höhepunkten des Festivals gehörten die Komiker von »YidLifeCrisis« aus Kanada, die im Jüdischen Museum Berlin auftraten. Eli Batalion und Jamie Elman hatten sich gründlich auf Berlin vorbereitet – sie konnten alle Schrecken der Stadt einschließlich »Bürgeramt« und »Marzahn« aufzählen. Auch der Musiker Roger Waters, der vor Kurzem in Deutschland aufgetreten ist, wurde durch den Kakao gezogen – in einer Parodie auf den Pink-Floyd-Klassiker »Another Brick In The Wall«: »Hey, Roger, leave us Yids alone!«

Berlin

Mut im Angesicht des Grauens: »Gerechte unter den Völkern« im Porträt

Das Buch sei »eine Lektion, die uns lehrt, dass es selbst in den dunkelsten Zeiten Menschen gab, die das Gute dem Bösen vorzogen«, heißt es im Vorwort

 17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Berlin

»Stärker als die Angst ist das menschliche Herz«

Die Claims Conference präsentiert in einem Bildband 36 Männer und Frauen, die während der Schoa ihr Leben riskierten, um Juden zu retten

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Auszeichnung

Theodor-Wolff-Preis an Journalisten vergeben

Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den langjährigen Chefredakteur des »Berliner Tageblatts«, Theodor Wolff (1868-1943)

 17.09.2025

Los Angeles

Barbra Streisand über Dreh mit Robert Redford: »Pure Freude«

Mit dem Klassiker »The Way We Were« (»So wie wir waren«) brachen die beiden Stars in den 70er-Jahren Millionen Herzen. Nach dem Tod von Redford blickt Hollywood-Ikone Streisand zurück auf den Dreh

von Lukas Dubro  17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Für Toleranz, Demokratie: Margot Friedländer Preis vergeben

Es ist die erste Preisverleihung nach dem Tod der Stifterin. Ausgezeichnet wird der Einsatz für die Ideale der im Frühjahr gestorbenen Holocaust-Überlebenden

 17.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025