Architektur

Palais mit Würfel

Das Jüdische Museum Frankfurt/Main feiert im November sein 25-jähriges Bestehen. In diesem Vierteljahrhundert hat sich das Haus am nördlichen Museumsufer mit viel gesehenen Ausstellungen und zahlreichen Veranstaltungen so erfolgreich entwickelt, dass inzwischen der vorhandene Raum nicht mehr ausreicht. Zudem fordert der Zahn der Zeit seinen Tribut. Deshalb muss erweitert und saniert werden. Schon im nächsten Jahr soll mit dem An- und Umbau begonnen werden.

Die Stadt Frankfurt lobte deshalb einen Architekturwettbewerb aus, der im Dezember 2012 (nicht) entschieden wurde: Die Jury unter Vorsitz des Architekten Max Dudler konnte sich zwischen den beiden besten von insgesamt 19 eingereichten Entwürfen nicht entscheiden und vergab statt eines ersten zwei zweite, mit 25.000 Euro dotierte Preise an die Architekturbüros Volker Staab und Töpfer Bertuleit (beide Berlin). Einen dritten Preis erhielt das Büro von Gerkan, Marg und Partner, ebenfalls aus Berlin.

Bürgervillen Das Jüdische Museum Frankfurt, das erste seiner Art in einer deutschen Großstadt, hat seinen Hauptsitz in zwei klassizistischen Bürgervillen am Untermainkai. Haus 14 war für den Bankier Simon Moritz von Bethmann, das Gebäude nebenan für Joseph Isaak Speyer erbaut worden. Das 1846 von Mayer Carl von Rothschild erworbene Haus Nr. 14 ist heute als Rothschild-Palais bekannt. Beide Häuser kamen 1928 in den Besitz der Stadt Frankfurt. Der kroatisch-deutsche Architekt Ante Josip von Kostelac fügte für den Museumsbau die beiden Villen zusammen.

Die Sanierung der Altbauten soll nun eine Neuordnung der Dauerausstellung und auch eine völlig neue Besucherführung ermöglichen. Der geplante Neubau wird auf einer kleinen Fläche an der Wallanlage zwischen Hofstraße und Untermainkai entstehen. Im Süden schließt er an das Rothschild-Palais an, im Norden an die Städtischen Bühnen.

verknüpfung Die Stadt als Ausloberin des Architekturwettbewerbs legte bei der Ausschreibung großen Wert auf eine Verknüpfung des neuen Erweiterungsbaus mit dem denkmalgeschützten Gebäudeensemble. Die beiden höchstprämierten Entwürfe entsprechen dieser Vorgabe. Sie begegnen dem Rothschild-Palais mit Respekt, beziehen die angrenzende Wallanlage ein und werten so en passant auch den öffentlichen Raum auf. Beide prämierten Entwürfe sehen einen neuen Eingang im Neubau vor.

Zum Raumprogramm des Erweiterungsbaus gehören neben Flächen für Wechselausstellungen auch ein Vortragsraum, Bibliothek, Archiv, Café, Museumsshop und Werkstätten. Die bestehende Fläche von 2000 Quadratmetern soll um 2400 Quadratmeter erweitert werden. Das dafür vorgesehene enge Grundstück auf der Rückseite des Museums wird derzeit als Parkplatz genutzt.

Trotz ihrer konzeptionellen Ähnlichkeit unterscheiden sich die beiden Entwürfe aber auch. Der Vorschlag von Töpfer Bertuleit sieht einen kompakten Solitär vor, der über einen eingeschossigen Anbau an das Rothschild-Palais angebunden ist. Die schlichte, weitgehend geschlossene Kiste liegt über einem gläsernen Erdgeschoss. Der neue Eingang wirkt nach Meinung der Jury »einladend und eindeutig, denn der Bau nimmt sich zurück und überformt den Bestand nicht«.

Die Nordfassade des Altbaus bleibt wahrnehmbar. Über den Empfang im Erdgeschoss werden Vortragsraum, Café, Garderobe und die Wechselausstellung im Untergeschoss des Neubaus erschlossen. Der Altbau nimmt in diesem Konzept die Dauerausstellung auf. Die Flächen für die Wechselausstellungen sind als »Black-Box« gestaltet und entsprechend flexibel bespielbar. Dieser Entwurf »strahlt eine schlichte Eleganz aus«, vermerkt das Juryprotokoll.

formensprache Das lässt sich auch über den zweiten bestplatzierten Entwurf sagen: Volker Staab Architekten schlagen in ihrem Entwurf einen dreigeschossigen Anbau in polygonaler Kubatur vor, der den städtebaulichen Bezügen folgt und die angrenzende Hochstraße visuell schließt. Der Neubau ist hier nur im Untergeschoss an den Altbau angeschlossen. Seine Fassaden sollen mit geschliffenem, hellen Sichtbeton gestaltet werden, in denen wenige, große Fenster Ausblicke wie Gemälde an der Wand gerahmt erscheinen lassen.

Staabs Neubau steht eigenständig und selbstbewusst neben den Altbauten, ohne sie zu berühren. Sein schräges Dach nimmt Bezug auf die Satteldächer der Altbauten. Zwei Patios bringen Licht in ein Tieffoyer. Der Neubau sei »zeitgenössisch, wohl proportioniert und präsentiert sich wohltuend zurückhaltend«, befand die Jury anerkennend. Staab Architekten, die als Museumsbau-Spezialisten gelten, hatten die Idee, den Eingang in die südwestliche Ecke einzuschneiden, wodurch er besser die Aufmerksamkeit der Passanten erregen kann.

Für das städtebaulich schwierige Grundstück setzen beide Entwerfer auf eine ruhige Formensprache. Die Jury war dennoch von keinem Entwurf restlos überzeugt. Jetzt müssen die beiden Entwürfe überarbeitet werden, dass eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Das letzte Wort hat der Magistrat der Stadt Frankfurt/Main. Für die Sanierung und Neuausstattung des Museums sind im Kommunalhaushalt 20 Millionen Euro, für den Neubau 30 Millionen Euro veranschlagt. Bei diesem Budget will die Entscheidung wohlüberlegt sein.

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