Fernsehen

Die Liebe des Hans Albers

Hans Albers mit seiner jüdischen Ehefrau Hansi Burg (1956) Foto: imago images/United Archives

Fernsehen

Die Liebe des Hans Albers

Ein neues Doku-Drama erzählt, wie der TV-Star seine jüdische Partnerin Hansi Burg verriet, um in der NS-Zeit weiter Karriere machen zu können

von Carola Große-Wilde  07.05.2023 20:50 Uhr Aktualisiert

29. Juli 1960, Hamburg: Tausende Menschen sind auf den Ohlsdorfer Friedhof gekommen, um von ihrem Idol Hans Albers Abschied zu nehmen. »Hans geht auf seine letzte Reise und alle sind sie gekommen«, erzählt eine Frauenstimme aus dem Off. »Ein Andrang, als wäre ein König gestorben. Aber das war er ja auch.«

Die Stimme gehört Hansi Burg, seiner großen Liebe. Eine Jüdin, die er für seine Karriere unter den Nationalsozialisten verraten hat. Hans Albers sei ein Süchtiger gewesen und seine eigene Droge, erzählt sie. Und auch sie sei süchtig, »süchtig nach ihm« - auch wenn sie dafür einen hohen Preis zahlen musste.

Für seine Karriere unter den Nationalsozialisten verriet er seine jüdische Partnerin.

Wer war diese Frau, die den großen Ufa-Star so sehr liebte, dass sie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Schoa trotzdem zu ihm zurückkehrte? Eine Antwort auf diese Frage will nun das NDR-Dokudrama »Die Liebe des Hans Albers« geben, das heute um 21.45 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird.

Der Film erzählt - ergänzt von Originalaufnahmen und Ausschnitten aus Albers‹ Spielfilmen - von der großen Liebe zweier Menschen, die ohne den anderen nicht leben konnten - auch wenn sie unter dieser Liebe definitiv mehr leiden musste als er.

Im Frühjahr 1946 steht Hansi Burg (Picco von Groote) plötzlich vor der Tür von Hans Albers (Ken Duken) am Starnberger See. Acht Jahre lebte sie im Exil, ist mittlerweile Rundfunkreporterin für die britische Armee. Als erstes wirft sie die Frau hinaus, die mit ihm in der Villa lebt.

Dann stellt sie ihrem Geliebten unangenehme Fragen: Warum hast du so wenig geholfen? Warum hast du deine jüdischen Freunde nicht gerettet? Warum nicht meine Eltern? »Du warst ein Star! Du hattest ganz andere Möglichkeiten«, wirft sie ihm vor.

In Rückblenden erzählt das eindringliche Dokudrama (Regie: Carsten Gutschmidt) die beispiellose Karriere des »blonden Hans«: Aufgewachsen als Sohn eines Schlachtermeisters in Hamburg-St. Georg, wollte Albers schon früh zum Theater - doch seine Eltern waren dagegen. Heimlich nahm er Schauspielunterricht, zog später nach Berlin, um sein Glück zu suchen.

Dort trifft er auch seine Jugendfreundin Hansi Burg wieder. Die beiden sind die perfekte Symbiose: Er der Schauspieler mit dem »unwiderstehlichen Charme«, mit einer Schwäche für Frauen, Alkohol und Glücksspiel. Sie die Disziplinierte, die ihn managte und geschickt seine Rollen auswählte.

»Warum hast du so wenig geholfen? Warum hast du deine jüdischen Freunde nicht gerettet? Warum nicht meine Eltern?«

Nach seinem großen Theater-Erfolg mit »Liliom« von Franz Molnar und mehr als 100 Stummfilmrollen spielt Albers 1929 im ersten deutschen Tonfilm »Die Nacht gehört uns« und kurz darauf an der Seite von Marlene Dietrich in »Der blaue Engel«. Es folgen Filme wie »Bomben auf Monte Carlo« (1931) und »F.P.1 antwortet nicht« (1932) mit dem berühmten Fliegerlied »Flieger, grüß‹ mir die Sonne«.

Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, redet er sich mit Sätzen wie »Politik interessiert mich einfach nicht« und »der ganze braune Spuk konnte mir gestohlen bleiben« heraus. Tatsächlich verachtete Albers die Nazis, zeigte sich nie an der Seite hochrangiger NS-Funktionäre - die in ihm den blonden Vorzeige-Arier sahen. Trotzdem drehte er einen Propagandafilm nach dem anderen - und blendete die verheerenden Folgen des Regimes einfach aus.

Als die Nazis von ihm verlangen, sich von seiner jüdischen Freundin zu trennen, trennt er sich offiziell von Hansi Burg, trifft sich jedoch heimlich weiter mit ihr. Später arrangiert er eine Ehe mit einem Norweger, damit sie Deutschland verlassen kann.

Auf die Idee, mitzukommen, kam er nicht - dafür konnte er vom Ruhm nicht lassen. »Ich bin kein politischer Mensch. Ich spiele Helden. Aber ich bin keiner. Ich will den Leuten gefallen«, stellt er am Ende fest.

Das Doku-Drama läuft heute um 20.15 Uhr im Hessischen Rundfunk.

In der Mediathek läuft der Film schon jetzt.

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025