Rock

»Metal ist Ironie«

Herr Kahn-Harris, Sie betreiben den Blog »Metal Jew«. Was fasziniert Sie an Metal?
Das Grenzüberschreitende. Der Stoff, das Material, von dem Metal handelt, ist außergewöhnlich, herausfordernd und schwierig. Und es schien mir zugleich auch so unmoralisch zu sein; das reizte mich. Ich wollte, einfach gesagt, herausfinden, was ich darüber denke und was andere Menschen darüber denken.

Was hat das mit dem Jüdischsein zu tun?
Das ist keine einfache Verbindung, obwohl natürlich Juden im Metal involviert sind. Mir geht es darum, Metal aus einer jüdischen Perspektive zu betrachten. Wie geht man als Jude damit um? Das sind ja zwei scheinbar sehr verschiedene Kulturen. Aber ich habe immer schon gern Verbindungen zwischen Welten gesucht, die den meisten Menschen völlig separiert erscheinen.

Gibt es originär jüdischen Metal?
Das würde ich nicht sagen, dafür sind es zu wenige Bands. Es existieren jüdische Metal-Bands, die hochinteressante Sachen machen: zum Beispiel »Orphaned Land«, eine israelische Band, die Musik des Nahen Ostens mit Metal mixt. Aber das ist im Moment ein Randphänomen, die jüdische Bereicherung des Metals war nicht so groß wie zum Beispiel die der Punk-Szene.

Ihr Lieblingsgenre ist Extreme Metal. Worum handelt es sich dabei?
Extreme Metal ist einfach erklärt: Man nimmt Heavy Metal ohne irgendwelche Melodien, ohne konventionelle Liedstrukturen und Harmonien und spielt das ziemlich schnell.

Viele Fans hat diese Musikrichtung allerdings nicht, im Gegenteil.
Das rührt, glaube ich, daher, dass er die Vorstellung attackiert, die viele von Musik haben. Es geht nicht um Melodien und Harmonien, man versteht kein Wort, es scheint wie eine Feier der Hässlichkeit.

Dazu kommen Vorwürfe von Gewalt und Satanismus.
Um ehrlich zu sein, manchmal trifft das auch zu. Aber man muss das mit Vorsicht betrachten. So gewalttätig, roh und martialisch etwa Black Metal ist: Die Musiker leben in derselben Welt wie alle anderen Menschen auch. Das macht die Ironie des Ex treme Metal aus.

Metal ist ironisch?
Absolut. Das überrascht viele Leute, weil sie diese Musik als sehr ernsthaftes und humorloses Genre verstehen. Aber Ironie und Humor sind ganz zentral im Extreme Metal. Es gibt ein großes Gespür für Lächerlichkeit. Metal-Fans sind viel geschickter darin, das zu dechiffrieren, als viele andere. Das ist wahrscheinlich das bestgehütete Geheimnis im Metal.

Ist es auch Ironie, dass Sie »Burzum«-Fan sind? Der Kopf dieser Black-Metal-Band ist Neonazi und hat einer israelischen Band einmal eine Briefbombe geschickt.
Musikalisch ist Burzum absolut außergewöhnlich, minimalistisch und wunderschön. Aber Vikerness persönlich ist ein höchst unangenehmer Typ, keine Frage. Das kann man nicht beschönigen. Und trotzdem mag ich seine Musik. Das ist wie Wagner hören. Der war auch Antisemit und hat bis heute jüdische Fans.

Das Gespräch führte Tobias Prüwer.

www.kahn-harris.org/tag/metaljew

Musik

Yuval Weinberg wird Chefdirigent des Rundfunkchors Berlin

Ab der Spielzeit 2028/29 übernimmt der Israeli auch die Position des Künstlerischen Leiters

 31.10.2025

Bochum

Peter-Weiss-Preis geht an Regisseurin Yael Ronen

Die Preisträgerin nutze Kunst als Instrument gesellschaftlicher Aufklärung, erklärte die Jury

 30.10.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  30.10.2025

Hollywood

Gegenwind für Boykotteure

Wie anti-israelische Kampagnen die Filmindustrie in den USA spalten

von Jana Talke  30.10.2025

Kulturkolumne

Motty Goldman sei Dank!

Meine Mutter ist mir nicht mehr peinlich

von Maria Ossowski  30.10.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 30. Oktober bis zum 6. November

 30.10.2025

Ehrung

Demokratiepreis für Graphic Novel über Schoa-Überlebende

Die Schoa-Überlebenden Emmie Arbel gewährte Zeichnerin Barbara Yelin vier Jahre lang Einblicke in ihr Leben

 30.10.2025

Analyse

Psychiater Otto Kernberg: Dieses Symptom verbindet Trump und Putin

von Anita Hirschbeck  29.10.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 29.10.2025