Neal und Jarrod Shusterman

Märchen und triste Realitäten

Neal und Jarrod Shusterman

Märchen und triste Realitäten

Zwei Bücher jüdischer Autoren waren für den Jugendliteraturpreis nominiert

von Katrin Diehl  31.10.2023 15:10 Uhr

Sechs Titel hatte die Jugendjury des »Deutschen Jugendliteraturpreises 2023« ins Rennen geschickt. Dabei ging es – naheliegend – um die Sparte Jugendbuch. Der »Preis der Jugendjury«, den es seit 20 Jahren gibt, ist mit 10.000 Euro dotiert. Ähnlich wie bei den Auszeichnungen der Erwachsenen-»Kritikerjury« war die Spannung groß. Welche der nominierten Bücher dann am Ende Preise erhalten haben, war bei der Frankfurter Buchmesse vor großem Publikum im Rahmen eines bunten Programms verkündet worden.

Vorneweg: Es waren nicht die nun hier vorgestellten Bücher. Dennoch lohnt es, einen Blick auf sie zu werfen.

Denn zwei der in diesem Jahr von der Jugendjury nominierten Titel stammen von Autoren, die schon mehrfach auf dem langen Sofa saßen, das zur Verleihung auf die Bühne des Festsaals im »Congress Center« gerückt wird, und zwar Holly-Jane Rahlens, eine New Yorkerin, die seit Jahrzehnten in Berlin lebt und für ihr Buch Prinz William, Maximilian Minsky und ich bereits 2003 den »Deutschen Jugendliteraturpreis« erhielt, sowie Neal Shusterman, 1962 in Brooklyn geboren, der ihn 2009 für das mit seinem Sohn Brendan geschriebene Buch Kompass ohne Norden bekam.

Judentum neben einer packenden Teenager-Story

Rahlens hatte damals mit Prinz William gezeigt, wie es geht, in einem Jugendbuch, das im heutigen Deutschland spielt, Judentum fast normal neben einer packenden Teenager-Story zu thematisieren. Ihr neues Werk Future Fairy Tales, ein futuristisches, ziemlich dynamisches Märchenbuch, ist ganz anders. Auf zahlreichen inhaltlich wie auch sprachlich unterschiedlichen Ebenen und unter ebenso vielen Pseudonymen, allesamt Anagramme des Namens Holly-Jane Rahlens, erscheinen ausgerech­net die düsterschweren Grimm’schen Märchen in einem neuen genderüberdachten Science-Fiction-Gewand. Radikale Entstau­bung kann man das nennen.

Roxy von US-Erfolgsautor Neal Shusterman und dessen anderem Sohn Jarrod ist ein einziges Ausrufezeichen, das drastisch vor Drogen jeder Art warnt. Abschnitt für Abschnitt lässt das Autorenpaar zwei Geschwister im Jugendalter ohne Halt in die Abgründe der Sucht erst blicken und dann stürzen. Dabei treten – und das liest sich sehr schräg – die Rauschmittel in eigenen Kapiteln als agierende Wesen auf, die konkurrierend die Menschen verführen und zerstören wollen.

Neal Shusterman erzählte einmal, sein Rabbiner habe ihm gesagt, dass seine Geschichten immer eine Menge talmudischer Gedanken enthalten würden. Zudem meinte er, dass sie immer auch etwas Optimistisches hätten. In Roxy fehlt genau dieser Lichtblick.

Neal und Jarrod Shusterman: »Roxy«. Roman. Fischer Sauerländer, Aarau/Frankfurt am Main 2022, 448 S. 16 €

Holly-Jane Rahlens: »Future Fairy Tales – Geschichten aus einer anderen Welt«. Rotfuchs, Hamburg 2022, 272 S.,25 €

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