Magnus Hirschfeld

»Kick-off fürs Gedenkjahr«

Diese Würdigung hätte Magnus Hirschfeld bestimmt gefallen, sagte Moderatorin Manuela Kay zur Begrüßung – und jeder der Festredner, von Justizministerin Katarina Barley bis Kultursenator Klaus Lederer, stimmte ihr anschließend zu.

Anlässlich des 150. Geburtstags von Magnus Hirschfeld würdigten rund 900 Gäste aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft sowie Kirchen und Religionsgemeinschaften am Montag die Verdienste des jüdischen Arztes Magnus Hirschfeld mit einem Festakt im Berliner Haus der Kulturen der Welt – und damit an historischer Stelle.

Denn genau an dieser Stelle stand einst das 1919 von Hirschfeld gegründete und 1933 von den Nationalsozialisten zerstörte Institut für Sexualwissenschaft – das erste seiner Art weltweit.

Unter den Gästen war neben Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Sigrun Neuwerth, Präses der Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Auch Hirschfelds Großnichte Gaby Cohen und weitere Mitglieder der Familie waren aus den USA und aus Australien zum Festakt angereist. Die Veranstaltung wurde musikalisch durch Vivian Kanner und Maxim Shagaev begleitet.

Briefmarke »Ich glaube, so langsam kommt Hirschfeld in das kollektive Gedächtnis Deutschlands, das verdanken wir sehr vielen Menschen, allen voran der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, die seit Jahrzehnten versucht, Magnus Hirschfeld und sein wissenschaftliches und kulturelles Erbe wieder bekannt zu machen«, sagte Gastgeber Jörg Litwinschuh, Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH), die den Abend organisiert hatte.

Litwinschuh wies darauf hin, dass der Festakt gewissermaßen der »Kick-off« für das bevorstehende »Hirschfeld-Jahr« 2018/19 sei – mit vielen Veranstaltungen in ganz Deutschland, einer 70-Cent-Gedenkbriefmarke im Juli und der 100-Jahr-Feier des früheren Instituts für Sexualwissenschaft im nächsten Jahr. Man müsse aufpassen, dass Errungenschaften »nicht zurückgedreht werden«. Aufklärung sei umso wichtiger in einer Zeit, da »schwule Sau« zu den häufigsten Beschimpfungen auf Schulhöfen gehört, Geschlechterforschung diskreditiert und Vielfaltspädagogik abgewehrt werde.

Auch Katarina Barley, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz sowie Kuratoriumsvorsitzende der BMH, warnte vor einem zugespitzten gesellschaftlichen Klima, in dem Vorurteile und Diskriminierung gedeihen. »Das nehmen wir nicht hin«, unterstrich Barley unter großem Beifall.

Magnus Hirschfeld stehe für den Mut, gesellschaftliche Visionen zu entwickeln und engagiert für sie zu kämpfen. »Seinen aufklärerischen Antrieb formuliert sein Lebensmotto ›Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit‹. Auch in der heutigen Zeit braucht unsere Gesellschaft Menschen, die gewohnte Denkmuster verlassen und sich auch von Widerstand und Ablehnung nicht abschrecken lassen«, würdigte die Ministerin den Mediziner in ihrem Grußwort. Nur wer mit sich selbst im Reinen sei, empfinde auch Menschen, die anders sind, nicht als Bedrohung, betonte Barley.

Emanzipation »Wenn wir heute an sein Schaffen erinnern«, sagte Klaus Lederer, Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa der Stadt Berlin und BMH-Kuratoriumsvorsitzender, »dann nicht nur an einen frühen Aktivisten für die Rechte von Schwulen und Lesben, sondern auch einen jüdischen Mediziner und Sozialisten.«

Eines sei sicher, knüpfte Lederer an die Worte seiner Vorrednerin an, »Hirschfeld wäre entsetzt, zu erfahren, dass im Kuratorium einer nach ihm benannten Stiftung eine Vertreterin sitzen wird, deren homo- und transfeindliche Haltung dem Stiftungsauftrag diametral entgegensteht«.

Lederer spielte auf die Entsendung der AfD-Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst ins Kuratorium an. Die Hirschfeld-Stiftung soll die Akzeptanz von Homo- und Transsexuellen fördern. Doch Höchst kritisiert die Ehe für alle und kämpft gegen Aufklärungspläne in Schulen.

Der jüdische, sozialdemokratische und schwule Arzt Magnus Hirschfeld war einer der Hauptinitiatoren der weltweit ers­ten homosexuellen Emanzipationsbe­wegung Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin. Er wurde am 14. Mai 1868 geboren und starb 67-jährig an seinem Geburtstag 1935 im südfranzösischen Exil in Nizza.

Österreich

Neue Direktorin für das Jüdische Museum Hohenems

Historikerin Irene Aue-Ben-David übernimmt die Leitung und bringt internationale Erfahrung aus Jerusalem mit

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Basel

Mann wollte Juden während des ESC angreifen

Kurz vor dem »Eurovision Song Contest« in der Schweiz wurde ein 25-Jähriger wegen konkreter Gewaltdrohungen festgenommen und ausgewiesen

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Berlin

Umstrittene 88: Der schwierige Umgang mit rechten Codes

Im Berliner Fußball sorgt die Debatte um die Rückennummer 88 und dem Hitler-Bezug für Kontroversen. Warum das Verbot erneut scheiterte und wie der Fußball insgesamt mit rechtsextremen Codes umgeht

von David Langenbein, Gerald Fritsche, Jana Glose  16.12.2025

Wien

ESC 2026: ORF will israelfeindliche Proteste nicht ausblenden

Die Debatte und der Boykott einzelner Länder wegen der Teilnahme Israels haben den ESC 2026 bisher überschattet. Auch beim Event im Mai selbst drohen Proteste. Wie geht der ORF damit um?

 16.12.2025

Washington D.C.

Trump sorgt mit Angriffen auf ermordeten Rob Reiner für Empörung

Der jüdische Regisseur sei an einem »Trump-Verblendungssyndrom« gestorben, schreibt der Präsident. Dafür erntet er seltene Kritik aus den eigenen Reihen

 16.12.2025

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025