»Kein Asyl – Anne Franks gescheiterte Rettung«

Keine Rettung, nirgends

Otto und Anne Frank (M.) 1941 in Holland Foto: dpa

Anfang 2007 blätterte Estelle Guzik, eine Mitarbeiterin des New Yorker YIVO Institute for Jewish Research, in der Akte eines jüdischen Vaters aus dem Jahre 1941. Der Mann hatte verzweifelt versucht, für sich und seine Familie die lebensrettenden Visa zur Einreise in die USA zu erhalten. Unter den rund 24 Millionen Dokumenten, die das YIVO aufbewahrt, finden sich unzählige ähnliche Schriftstücke, jedes ein Zeugnis für Leben, die hätten gerettet werden können – und nicht gerettet wurden.

YIVO Doch die Namen in der 80 Seiten umfassenden Akte ließen Guzik stutzen: Otto und Edith Frank, Anne und Margot Frank. Schnell begriff sie, dass diese Akte etwas Besonderes ist. »Diese Schriftstücke von Otto Frank«, so der YIVO-Mitarbeiter Jonathan Brent, »sind von unschätzbarem historischen Wert.

Die Dokumente haben wirklich geholfen, die Geschichte von Otto Frank als Vater in einem neuen Licht zu sehen.« Otto Frank, der mit seiner Familie schon 1933 aus Deutschland geflohen war, hatte sich offenbar keinen Illusionen über die Zukunft Europas hingegeben und bereits 1938 beim amerikanischen Konsulat in Rotterdam einen Einreiseantrag in die USA gestellt. Doch spätestens, nachdem diese Unterlagen bei der Bombardierung Rotterdams vernichtet wurden und die Familie keine Chance mehr hatte, die Niederlande zu verlassen, saßen die Franks in der Falle.

Kein Land der Welt war bereit, die europäischen Juden zu retten. So wandte sich Otto Frank im April 1941 an seinen Studienfreund Nathan Strauss, einen Geschäftsmann mit direktem Draht ins Weiße Haus. Doch weder Strauss noch Edith Franks in den USA lebender Bruder Julius Holländer konnten helfen. Damit war die Familie Frank zum Tode verurteilt.

Flüchtlingskatastrophe
Die Filmemacherin Paula Fouce hat die Entdeckung der Akte nun zum Anlass genommen, einen weiteren Film über die Geschichte der Familie Frank zu drehen. Der Titel der 2015 fertiggestellten und ab nächster Woche auf DVD erhältlichen Dokumentation lautet Kein Asyl – Anne Franks gescheiterte Rettung. Er lässt zunächst vermuten, dass hier vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskatastrophe Unvergleichliches verglichen werden soll.

Doch dies tut der Film nicht. Stattdessen zieht er nur vorsichtige Parallelen. Und er erinnert seine Zuschauer noch einmal daran, dass die meisten Überlebenden der Schoa nur deswegen eine neue Heimat fanden, weil Israel gegründet wurde. Auch in diesem Sinne ist Kein Asyl – Anne Franks gescheiterte Rettung ein notwendiger, aktueller Film.

Paula Fouce: »Kein Asyl – Anne Franks gescheiterte Rettung«. Ab 2. September auf DVD

Geburtstag

Iris Berben wird 75

Publikumsliebling, Volksschauspielerin und Trägerin des Leo-Baeck-Preises: Am 12. August wird Iris Berben 75 Jahre alt

von Heike Hupertz  11.08.2025

Glosse

Der Rest der Welt: Jüdische Labubus

Unsere Autorin dachte, sie könne das Hype-Thema »Labubus« getrost ignorieren. Doch dann grinste sie eins der Plüschmonster in Kippa und Tallit an.

von Mascha Malburg  11.08.2025

Longevity

Für immer jung?

Die ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel outet sich als Hypochonderin und beschreibt, warum man niemals zu alt ist, sich Gedanken übers Älterwerden zu machen

von Andrea Kiewel  11.08.2025

Kulturkolumne

Bekenntnisse eines Printosauriers

Unser Autor holte schon als Kind in Belarus die Zeitung vom Kiosk und ist auch als Erwachsener dem Druckfrischen treu geblieben. In Düsseldorf hat er nun eine ganz besondere Erstausgabe entdeckt

von Eugen El  10.08.2025

Richard Wagner

»Ehrt eure deutschen Meister«

Von Juden seiner Zeit wurde er verehrt und verspottet, in Israel war sein Werk lange tabu. In Luzern widmet sich nun eine Sonderausstellung dem jüdischen Blick auf den umstrittenen Komponisten

von Richard Blättel  10.08.2025

Film

Aus dem Kinderzimmer in den Knast

Die eigene kriminelle Karriere als Lachnummer – so funktioniert die israelische Serie »Bad Boy«, die jetzt auf Netflix läuft

von Ralf Balke  10.08.2025

Architektur

Klinker und Knesset

Er entwarf als Jude unter einem Nazi-Chef Kirchen und schließlich das Herzstück der neuen Demokratie in Israel. Eine Ausstellung in Berlin widmet sich dem Werk von Ossip Klarwein

von Stephen Tree  10.08.2025

Aufgegabelt

Lavendelsirup

Rezepte und Leckeres

von Nicole Dreyfus  10.08.2025

Dokumentation

»Mit tiefer Enttäuschung«

Künstler aus Thüringen üben mit einem Offenen Brief Kritik an ihren einseitig »israelkritischen« Kollegen

 07.08.2025