Rezension

Kafkaeskes Kino: »Franz K.«

Idan Weiss in der Rolle des »Franz K.« Foto: @ Marlene Film Production, X Verleih AG

Eigentlich ist das Kafka-Jahr anlässlich dessen 100. Todestags bereits vorbei. Doch nach der Serie Kafka und der Romanverfilmung Die Herrlichkeit des Lebens über die Beziehung Kafkas zu Dora Diamant legt nun die polnische Regisseurin Agnieszka Holland mit Franz K. noch einmal nach. Immer, wenn der Totalitarismus an die Macht dränge, so Holland, rücke Kafka besonders ins Bewusstsein. Doch wie er den Druck solcher Systeme in seinen Werken ins Absurde überhöht, ist längst nicht der einzige Aspekt, auf den sich die Regisseurin, die 1992 für Hitlerjunge Salomon eine Oscar-Nominierung erhielt, konzentriert.

Franz K. ist ein klassisches Biopic – und dann doch wieder nicht. Gemeinsam mit ihrem tschechischen Drehbuchautor Marek Epstein hakt Holland alle Lebensstationen Kafkas ab und zeigt den künstlerischen Werdegang des Schriftstellers (Idan Weiss) ebenso wie die Beziehung zum dominanten Vater (Peter Kurth), den treuen Freund und Förderer Max Brod (Sebastian Schwarz) oder die Bekanntschaft mit seiner späteren Verlobten Felice Bauer (Carol Schuler). Gerade aus dem Gegensatz zwischen der Gewöhnlichkeit weiter Teile seines Lebens und der »kafkaesken« Tiefe seines Intellekts entwickelt sich dabei eine besondere Spannung.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Aber Holland springt nicht nur zwischen den Zeitebenen hin und her, sondern auch zwischen Realität und Fantasie, zwischen Farbe und Schwarz-Weiß. Mal sprechen die Figuren direkt in die Kamera, mal wird – wie im Fall von In der Strafkolonie – sogar Kafkas literarische Arbeit visualisiert. Auch für einen Ausblick auf das Schicksal seiner jüdischen Familie in der Nazizeit ist Platz, und nebenbei wird sogar das zum Teil absurde Ausmaß der heutigen, kommerziell-touristischen Ausbeutung seines Namens – etwa im Prager Kafka-Museum – verhandelt. Erzählerisch ist diese kaleidoskopartige Annäherung bereits ein einfallsreiches, manchmal überbordendes Wagnis.

Noch fantasievoller und oftmals gewagter ist allerdings die visuelle Umsetzung, und Kameramann Tomasz Naumiuk leistet Eindrucksvolles. Gleiches gilt übrigens für den aus Niedersachsen stammenden Newcomer Idan Weiss in der Hauptrolle, der optisch bestens in die Titelrolle passt, aber vor allem dazu beiträgt, Kafka nicht nur als gequältes Genie-Klischee, sondern als dreidimensionalen Menschen mit der ganzen Bandbreite zwischen Komplexen und Humor zum Leben zu erwecken. ja

Ab dem 23. Oktober im Kino.

Aufgegabelt

Couscous mit Gemüse

Rezept der Woche

von Katrin Richter  24.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025

Dresden

Jüdische Woche eröffnet

Das Event bietet bis Sonntag Tanz, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Gesprächsrunden

 24.10.2025

Malerei

Zwischen den Welten

Südafrikanerin, Deutsche, Jüdin: Das Berliner Brücke-Museum würdigt die vergessene Expressionistin Irma Stern mit einer großen Ausstellung

von Bettina Piper  23.10.2025

Shkoyach!

Der Belarusse ist einer, der Birkensaft liebt

Wenn man sich schon auf eine komplizierte Sprache, andere Umgangsformen und ein gewöhnungsbedürftiges Klima einlässt, dann soll einem wenigstens das heimische Essen Halt geben: Unser Autor kostet noch einmal das Lieblingsgetränk seiner Kindheit

von Eugen El  23.10.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 23. Oktober bis zum 31. Oktober

 23.10.2025

Netflix-Serie

»Nobody Wants This«: Zweite Staffel ab heute verfügbar

Keine Produktion seit »Srugim« habe Rabbiner und Synagogen so unterhaltsam dargestellt, heißt es in israelischen Medien. Ab heute geht es in die nächste Runde

 23.10.2025

Zahl der Woche

384 Betten

Fun Facts und Wissenswertes

 21.10.2025

Rezension

Constantin Schreiber zwischen Hass und Hoffnung

Auch in der fünften Folge seiner Late-Night-Show geht es Constantin Schreiber darum, dass die Menschen miteinander reden. Nur zu Israel will sich niemand so richtig äußern

von Sophie Albers Ben Chamo  21.10.2025