Reisebuch

Hundertundelf Miniaturen

Laszlo Trankovits’ Buch ist persönlich gehalten und exakt recherchiert. Foto: PR

Laszlo Trankovits war 25 Jahre Auslandskorrespondent für die Deutsche Presse-Agentur (dpa), davon vier in Israel. Jetzt ist er zurückgekehrt, um mit seiner Erfahrung als Autor kurzer, prägnanter Miniaturen einen Reiseführer zu Jerusalem zu verfassen.

Selbst an den klassischen jüdischen, christlichen und muslimischen Sehenswürdigkeiten, wie sie in jedem Reiseführer stehen, entdeckt Trankovits kleine, vermeintlich nebensächliche Details, die den Bauwerken Leben einhauchen. Auch begibt er sich gern auf »Abwege«. Wer glaubt, dass man in der Heiligen Stadt nur Frommen und Pilgern begegnet, wird von ihm in exotische Restaurants, gestylte Kneipen und Kunstgalerien geführt, wo sich ein junges und vitales Jerusalem präsentiert.

Palast So führt Trankovits etwa zur verfallenen Fassade des geheimnisumwitterten Palastbaus Serai es-Sitt Tunshuq in der Aqabat-at-Takiya-Straße. Den Palast soll der Überlieferung nach Prinzessin Tunshuq im Jahr 1388 in ihrem Exil in Jerusalem gebaut haben.

»Bei ihr handelte es sich um eine ehemalige Sklavin, die aus der Türkei oder Mongolei geflohen sein soll«, erklärt der Autor seinen Lesern. »Das inzwischen sehr baufällige Haus mit den drei Toren, in dem die Frau elf Jahre lebte, dient heute als ein arabisches Waisenhaus für Jungen. Vor ihrem Tod 1399 hatte Tunshuq dem Palast gegenüber ein Mausoleum errichten lassen, wo sich hinter den beiden vergitterten Fenstern das Grab befindet.«

Trankovits bietet auch Einkaufstipps, etwa wenn er im armenischen Viertel die typische Keramik vorstellt, wobei er gleich auch vorschlägt, in einem Restaurant mit Bögen aus der Kreuzfahrerzeit ein typisches armenisches Mahl zu probieren. In der idyllischen Wiener Kaffeehaus-Oase im österreichischen Hospiz geht es ganz bieder europäisch zu: Neben Sachertorte und Apfelstrudel kann man sich dort bei gutem Wiener Filterkaffee vom Hummus und dem bitteren, stark gesüßten arabischen Kaffee mit Kardamom erholen, selbstverständlich unter einem Ölgemälde von Kaiser Franz Josef.

Tiere Im bib­lischen Zoo empfiehlt er, mit der Bimmelbahn zu den »auserwählten« Tieren zu fahren. Am Checkpoint Qalandia im Norden Jerusalems erzählt er vom »Palästinenserzorn«, um gleich darauf im »Ein Yael Living Museum« den Besuchern zu empfehlen, bei einer Ausgrabung selbst einmal mit anzupacken.

Trankovits’ teilweise sehr persönlich gehaltenen und gleichwohl exakt recherchierten Porträts der Menschen und Sehenswürdigkeiten in Jerusalem sind so gut geschrieben, dass man sie, auch ohne die Stadt zu besuchen, mit Gewinn lesen kann. Jeder Ortsbeschreibung sind aber zur Sicherheit die notwendigen Angaben beigefügt wie Wegbeschreibung, Adresse, Öffnungszeiten und Telefonnummern.

Laszlo Trankovits: »111 Orte in Jerusalem, die man gesehen haben muss«. Emons, Köln 2018, 240 S., 16,95 €

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert