Sehen!

»Hollywood«

Zu jüdisch? Zu schwarz? Foto: Saeed Adyani/ Netflix

Die Serie spielt im Beverly Hills der 40er-Jahre. Gerade hat sich Avis Amberg, Ex-Filmstar und frustrierte Ehefrau eines Filmstudio-Bosses, einen Callboy ins Hotel geholt. Bevor es ins Schlafzimmer geht, rührt sie wissend im Martini und fragt den jungen Mann, ob er denn auch nach Los Angeles gekommen sei, um Schauspieler zu werden, was dieser begeistert bejaht.

STUMMFILM Sie selbst habe in Stummfilmen mitgespielt, beginnt Avis zu erzählen. »In guten sogar. Dann kam der Tonfilm, und man gab mir genau eine Probeaufnahme. Sie sagten, ich sei zu jüdisch für das neue Format. Ein jüdisches Mädchen könne kein Filmstar sein.«

In Bildern, die manchmal vor Glamour und Frivolität fast platzen, nimmt sich die Netflix-Miniserie Hollywood die dreckigsten Ecken der Goldenen Ära der Traumfabrik vor: Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Borniertheit sowie die Tatsache, dass Frauen wie Männer denen gefügig sein mussten, die Rollen zu vergeben hatten oder Einfluss geltend machen konnten. Die Weinstein’sche Menschenverachtung ist nichts Neues. Es ist ungeheuerlich, wie lange sie sich gehalten hat.

HINTERTÜR Doch während der Zuschauer genau das weiß, öffnet Hollywood die Hintertür ins nächste Traumland, ein Zauberreich, wo sogar die Traumfabrik selbst träumen darf. Da wird Avis zur mächtigen Studiochefin, da ist die schwarze Frau der Star der Filmpremiere, da gesteht der homosexuelle Drehbuchautor öffentlich seine Liebe, da werden Hass, Intoleranz und Dummheit zu feinem Glitzer zerbröselt, der nur noch im Hintergrund fröhlich schillernd die großen Auftritte der Außenseiter schmücken darf.

Die Frage »Was wäre, wenn …« beantworten die Show-Erfinder und -Produzenten Ryan Murphy und Ian Brennan, bekannt für Serien-Erfolge wie Glee und Pose, mit einem begeisterten »Alles ist möglich!«. In der letzten – zuweilen unangenehm überdrehten – Folge fehlt nur noch das Einhorn.

MÄRCHEN Natürlich kann man bemängeln, dass die Geschichte umgeschrieben, das Hässliche auf diese Weise hübsch überschminkt wird, aber das wäre ungefähr so, als würde man sich über alte Märchen aufregen, in denen sich die Prinzessin in einen Prinzen verliebt, den sie überhaupt nicht kennt.

Ja, Hollywood hat etwas von der berühmten Limonade, die man machen soll, wenn das Leben einem Zitronen gibt. Aber es ist erstaunlich befreiend, wenn plötzlich alles gut ausgeht. Denn das sind wir einfach nicht mehr gewohnt.

»Hollywood«. Sieben Folgen. Auf Netflix

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025