Festakt

Hohlräume ausfüllen

»Deutsche Geschichte«: Salomon Korn Foto: Rafael Herlich

Mit einem Festakt hat der Hessische Landtag am Montag die Arbeit der »Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen« gewürdigt, die seit 50 Jahren das jüdische Leben in Hessen der vergangenen 900 Jahre erforscht. Bei der Feierstunde im Plenarsaal in Wiesbaden sprachen Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) und der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn. In den vergangenen Jahrzehnten legten die Forscher Dutzende Bücher vor. Derzeit macht die Kommission Verzeichnisse historischer Quellen nach und nach online zugänglich.

Landtagsvizepräsident Lothar Quanz rief während des Festakts zur Wachsamkeit gegenüber Antisemitismus auf. Wie notwendig dies sei, zeigten jüngste Vorfälle wie der Angriff auf einen Rabbiner in Offenbach, sagte der SPD-Politiker. Salomon Korn, Zentralratsvize und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, sagte in seiner Festrede, dem in der Bundesrepublik in dieser Form einzigartigen Gremium sei es gelungen, »historische Hohlräume« auszufüllen. Die Kommission sei 1963 in einer Zeit aktiv geworden, als es eine große Befangenheit gegenüber Juden und der Erinnerungskultur gegeben habe. »Jüdische Geschichte ist deutsche Geschichte«, betonte Korn.

Gründung Die Kommission im Hessischen Hauptstaatsarchiv dokumentiert 900 Jahre jüdischer Geschichte in Hessen. Der damalige hessische Kultusminister Ernst Schütte hatte das Gremium 1963 unter dem Eindruck der Frankfurter Auschwitz-Prozesse ins Leben gerufen.

Die Vorsitzende der Kommission, Staatsministerin a.D. Ruth Wagner, sagte in ihrer Rede: »Am 29. Januar 1963 wurde die Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen gegründet. Die Ziele waren klar vorgegeben: Auf wissenschaftlicher Basis sollte die Geschichte der Juden in Hessen aufgearbeitet werden. Dabei dachte man aber nicht nur an die NS-Zeit, sondern an eine zeitlich umfassende jüdische Vergangenheit. Der 1983 erschienene Sammelband 900 Jahre Geschichte der Juden in Hessen umschreibt im Titel diesen Anspruch.« Die Kommission zähle derzeit 70 Mitglieder, die sich in wissenschaftlicher Form über den lokalen Rahmen hinaus mit der Geschichte der Juden in Hessen beschäftigten. »Die Liste der lieferbaren Veröffentlichungen in Buchform umfasst gegenwärtig 35 Werke«, sagte Wagner.

Die Kommission sieht ihre Aufgabe darin, die Erforschung der Geschichte der jüdischen Bevölkerung im Bundesland Hessen, insbesondere auch in der Zeit des Nationalsozialismus, auf wissenschaftlicher Grundlage zu fördern. In ihrer Schriftenreihe veröffentlicht sie jährlich ein bis zwei neue Publikationen aus diesem Themenbereich.

Schwerpunkt Einen Schwerpunkt bildet die Erforschung der jüdischen Friedhöfe in Hessen. Seit über 20 Jahren werden ausgewählte ältere und historisch bedeutende Friedhöfe bearbeitet und ihre Grabsteine fotografiert, die Inschriften abgeschrieben und übersetzt. Dazu wird ein Lageplan erstellt.

Bis heute wurden 70 Friedhöfe, unter ihnen die größten Landfriedhöfe in Hessen, mit zusammen 17.000 Grabsteinen von Verstorbenen aus 300 jüdischen Gemeinden aufgenommen. Weitere Friedhöfe sollen kartografiert werden, das Material ist online zugänglich. Dieses Projekt wird aus Sondermitteln des Landes Hessen bestritten. Künftige Schwerpunkte sind das Projekt »Synagogen in Hessen« sowie die »Arbeitsgemeinschaft Jüdische Sammlungen«.

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  05.05.2025

Weltenbummler

Luca Pferdmenges ist der »German Travel Guy« mit gutem Geschmack

Er kennt 195 Länder und weitaus mehr Städte. Welche ist wohl seine Lieblingsstadt auf diesem Planeten?

von Frank Christiansen  05.05.2025

Fernsehen

Ungeschminkte Innenansichten in den NS-Alltag

Lange lag der Fokus der NS-Aufarbeitung auf den Intensivtätern in Staat und Militär. Doch auch viele einfache Menschen folgten der Nazi-Ideologie teils begeistert, wie eine vierteilige ARD-Dokureihe eindrucksvoll zeigt

von Manfred Riepe  04.05.2025

Fernsehen

Rache für den Holocaust? »Plan A« in der ARD

In dem Drama sinnt eine Gruppe Juden auf Rache für die deutschen Holocaust-Verbrechen

von Ute Wessels  04.05.2025 Aktualisiert

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  04.05.2025

Ausstellung

G*tt in Blau

Das Jüdische Museum Wien geht sieben großen Fragen nach – von der Bibel bis in die Gegenwart

von Tobias Kühn  04.05.2025

Aufgegabelt

Israelischer Salat

Rezepte und Leckeres

 04.05.2025

Interview

»Ich habe eine tiefe Liebe zu Israel«

Iris Berben über die Kraft von Worten, Reisen nach Israel und was ihr Hoffnung macht

von Katrin Richter  04.05.2025 Aktualisiert

Donna Anna (Adela Zaharia) und Don Ottavio (Agustín Gómez) in »Don Giovanni/Requiem«

Oper

Requiem nach der Höllenfahrt

Der Exilrusse Kirill Serebrennikov erschüttert mit »Don Giovanni« in Berlin

von Maria Ossowski  02.05.2025