Titel können täuschen. Happy Holidays des palästinensischen Filmemachers Scandar Copti, bekannt für den Oscar-nominierten israelischen Film Ajami (2009), richtet mitnichten ein frohes Fest aus. Copti erzählt die Geschichte einer arabischen und einer jüdischen Familie in Haifa. Zuerst sieht man Fifi (Manar Shehab) in einem Krankenhaus. Die in Jerusalem studierende junge Palästinenserin war in einen Autounfall verwickelt. Die geschminkte und leicht bekleidete Frau erfährt Missbilligung statt Mitleid seitens ihrer angereisten Familie: »Was ist das für ein Aufzug?«
Coptis in vier Kapitel unterteilter Film arbeitet nicht chronologisch, sondern sprunghaft. Bevor Fifi wieder ins Bild kommt, wird ihr Bruder Rami (Toufic Danial) eingeführt. Er will seine schwangere jüdische Freundin Shirley (Shani Dahari) zu einer Abtreibung bewegen. In den folgenden, stets aus der Perspektive der vier Hauptfiguren erzählten Episoden addieren sich die Konflikte.
Die Mittelstandsfamilie gerät in finanzielle Schwierigkeiten, trotzdem plant die Mutter Hanan (Wafaa Aoun) die aufwendige Hochzeit der zweiten Tochter. Und will Fifi mit dem Arzt Walid (Raed Burbara) verkuppeln. Shirleys Schwester Miri (Meirav Memoresky) sorgt sich derweil um ihre offenbar depressive Tochter; es könnte sein, dass sie sich als Simulantin dem Wehrdienst entziehen will. Schließlich verfinstert sich die Aussicht auf ein Happy End in der Beziehung von Fifi und Walid. Er bringt ihren Lebensstil, der Sex vor der Ehe einschließt, auf eine patriarchalisch grundierte Formel: »leichtes Mädchen« statt »normale Frau«.
Copti ist es gewohnt, auf Hebräisch und Arabisch mit Laien zu arbeiten
Copti ist es gewohnt, auf Hebräisch und Arabisch mit Laien zu arbeiten. Seine Bilder besitzen einen authentischen, dokumentarischen, von Spontaneität und Improvisation geprägten Duktus. Das mag mitunter kunstlos erscheinen, steigert aber die Emotionalität der filmischen Erzählung. Fifi will sich einengenden und destruktiven Strukturen entziehen. Manar Shehab bildet mit intensiver Mimik Zerrissenheit, Freiheitsdrang und Mut ab. Unvergesslich ist ebenso Wafaa Aoun als Hanan: eine Übermutter wie eine Naturgewalt, aber auch sensible Beobachterin.
Ist das Private hier politisch? Raketenalarm, Wehrdienst und eine Gedenkfeier für gefallene israelische Soldaten binden die Gegenwart ein. Doch in erster Linie schlägt das Herz des Films für die Menschen, die er zeigt.
Ab dem 4. September im Kino