Wenn Räume eng werden, können sie sich gleichzeitig sehr weit öffnen. Das zeigte sich bei der Eröffnung des israelischen Filmfestivals »Seret« in Berlin. Nur ein einziges Kino in Deutschland präsentiert zum zehnten Jubiläum des Festivals in diesem Jahr Spiel- und Dokumentarfilme »made in Israel« – das Hackesche Höfe Kino in Berlin-Mitte (noch bis zum 23. November).
Andere Spielstätten waren diesmal nicht zu gewinnen, offenbar aus Angst vor anti-israelischen Protesten und Störungen. Doch in dem voll besetzten Kinosaal in den Hackeschen Höfen herrschte am Mittwochabend dennoch Partystimmung. Manche Besucher kamen verkleidet oder mit Kopfschmuck – eine Reminiszenz an den Eröffnungsfilm.
Cabaret Total (ein Kassenschlager in Israel, der 2024 mit zwei Ophir Awards, den »israelischen Oscars«, ausgezeichnet wurde) ist ein Werk, das in jeder Hinsicht den Nerv der Zeit trifft. Das tragikomische Debüt von Roy Assaf dreht sich um den verkrachten Schauspieler Asi, der während des Krieges nach dem 7. Oktober 2023 vom Reservedienst zurückkehrt, in einer Provinzstadt im Süden Israels ein schlecht besuchtes Kabarett mit Zirkus-Elementen inszeniert und sich mit kleinen Jobs in einer Schule über Wasser hält.
Als Asi sich bei einer Theaterprobe mit den Schülern in der Wüstenstadt kritisch über seinen Militärdienst äußert und ein Video mit diesen heimlich aufgenommenen Bemerkungen anschließend viral geht, steht er vor der Entscheidung, sich entweder beim Erziehungsministerium zu entschuldigen oder seinen Job zu verlieren. Asi will sich nicht beugen und sieht in seiner Weigerung die Chance, endlich als bedeutender Künstler wahrgenommen zu werden. Doch als das Habima-Theater in Tel Aviv auf ihn aufmerksam wird, stellt sich auch der große Durchbruch als Illusion heraus.
»›Cabaret Total‹ erzählt die Geschichte eines Künstlers, der sich verwirklichen will – in einer harschen und gewalttätigen sozialen und politischen Realität. Es ist eine persönliche und schmerzvolle Geschichte, realistisch und gleichzeitig ein surrealistisches Märchen (...) in einem kleinen, gespaltenen Land mitten in der Wüste«, sagte Regisseur Roy Assaf vor der Premiere. »In der israelischen Realität von heute einen Film zu machen, ist fast ein Wunder. Einen Film zu machen, der es wagt, kritisch zu sein, ist ein noch größeres Wunder.«
Der Gesandte der israelischen Botschaft in Berlin, Guy Giladi, erklärte zuvor in einer kurzen Ansprache, in einer Welt, in der Kunst und Kultur unter wachsendem Druck stünden, seien Filme wie Cabaret Total kein Luxus, sondern von essenzieller Bedeutung. Heutzutage würden viele Künstler gezwungen, sich von Israel zu distanzieren oder ihre jüdische Identität zu unterdrücken – »sogar in Berlin«. »Wir weigern uns, das als Norm anzuerkennen«, betonte Giladi.