»Menashe«

Ein Chassid als Filmstar

Menashe Lustig und Ruben Niborski in einer Filmszene Foto: pr

Ein chassidischer Jude als Filmstar: Zur Deutschlandpremiere des jiddischsprachigen Films Menashe bei der Berlinale am Sonntagabend kam auch der Hauptdarsteller Menashe Lustig (38) aus Brooklyn – mit schwarzer Kippa, in schwarzer Kleidung und mit Zizit. Der Film gibt einen seltenen Einblick in die Dilemmata eines alleinerziehenden Vaters in der charedischen Gemeinschaft.

»Vor drei Wochen war Menashe zum ersten Mal in seinem Leben im Kino – bei der Aufführung des Films beim Sundance-Filmfestival«, sagte Regisseur Joshua Z. Weinstein nach der Vorstellung im Delphi-Kino in Berlin-Charlottenburg: »Er war sehr glücklich, sich selbst auf der Leinwand zu sehen.«

Borough Park
Der Spielfilm Menashe, gedreht in der ultraorthodoxen Nachbarschaft Borough Park in New York, erzählt die reale Lebensgeschichte von Menashe Lustig nach: Mit Anfang 20 wurde der junge Chassid gegen seinen Willen von seinem Vater mit einer ultraorthodoxen Frau in Israel verheiratet.

Aus der unglücklichen Ehe ging ein einziger Sohn hervor. Nach dem Tod seiner Frau weigerte sich Menashe, erneut zu heiraten. Deshalb verbot ihm sein Rabbiner, das Kind alleine aufzuziehen. Sein Sohn wächst in einer anderen chassidischen Familie auf; der Vater wurde zum Außenseiter in seiner Gemeinschaft.

Stand-Up-Comedian Menashe, der im Film als Verkäufer in einem Gemüseladen arbeitet, entdeckte im realen Leben spät sein Talent für Comedy und Film. Seit einiger Zeit arbeitet er als Stand-up-Comedian, bleibt der charedischen Gemeinschaft aber weiterhin verbunden.

»Wenn Gott dir ein Talent gegeben hat, sollst du es nutzen«, sagte er am Sonntagabend auf Englisch mit starkem jiddischen Akzent. Regisseur Weinstein castete Menashe Lustig, nachdem er einige Videos von ihm auf YouTube gesehen hatte. Er sei schnell davon überzeugt gewesen, dass Menashe der Typ »trauriger Clown« sei – und absolut in der Lage, die tragende Rolle in einem Spielfilm zu übernehmen.

Es sei nicht leicht gewesen, einen Film an ultraorthodoxen Originalschauplätzen zu drehen, sagte Weinstein. Da viele charedische Gemeinschaften kein positives Verhältnis zum Kino hätten, seien viele der jiddischsprachigen Schauspieler während des Drehs wieder abgesprungen.

Single Auf die Frage, ob Menashe mittlerweile verheiratet sei, antwortete der Regisseur: »Er ist immer noch Single – und noch zu haben.« Der Darsteller des Sohnes Rieven, Ruben Niborski, sagte, er sei für die Rolle ausgewählt worden, »weil man ein Kind brauchte, das Jiddisch spricht. Und ich spreche Jiddisch zu Hause«.

Auf eine Frage aus dem Publikum, welche Szene für ihn am schwierigsten gewesen sei, nannte Ruben die Szene, in der das Kind in der Wohnung seines Vaters gestürzt ist: »Es war die Szene, in der ich mich verletzt habe. Das war voller Emotion und Schmerz«, sagte der junge Schauspieler voller Überzeugung.

Lesen Sie mehr in der nächsten Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  25.12.2025

ANU-Museum Tel Aviv

Jüdische Kultobjekte unterm Hammer

Stan Lees Autogramm, Herzls Foto, das Programm von Bernsteins erstem Israel-Konzert und viele andere Originale werden in diesen Tagen versteigert

von Sabine Brandes  25.12.2025

Menschenrechte

Die andere Geschichte Russlands

»Wir möchten, dass Menschen Zugang zu unseren Dokumenten bekommen«, sagt Irina Scherbakowa über das Archiv der von Moskau verbotenen Organisation Memorial

 25.12.2025

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025