Finale

Der Rest der Welt

Der Pessach-Countdown läuft. Die wenigen Tage, bis ich wieder mit meinen Lieben um den Sedertisch sitzen werde, werden wie im Flug vergehen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie dieses Jahr ohne das gefürchtete PPSS ablaufen – ich spreche vom »Prä-Pessach-Stress-Syndrom«, verbreitet vor allem bei jüdischen Frauen: eine heftige, aber nur im Frühjahr auftretende und nach Ende der Pessachtage spontan abklingende affektive Erkrankung, die nach dem Willen führender feministischer Psychiaterinnen aus den USA in den neuen DSMV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) aufgenommen werden soll.

Aber vielleicht irren sich die Fachfrauen ausnahmsweise, und es wäre klüger, nicht aus jeder Feiertagshysterie gleich ein Krankheitsbild zu machen? Meine persönlichen Voraussetzungen für eine gnädige Vor-Pessach- Zeit sind dieses Jahr denkbar gut: Denn der Sederabend findet zum Glück nicht bei uns zu Hause statt!

Mazzebällchen Geneigte Leserinnen, geben Sie zu, Sie wissen genau, wovon ich rede: Um die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft gebührend zu feiern, macht sich die Gastgeberin zur Sklavin der Eingeladenen und ihrer Erwartungen. Denn nichts nehmen Gäste so übel wie einen schlecht ausgerichteten Sederabend. Um gar nicht vom ritualartigen Streit um die Mazzebällchen zu sprechen – es findet sich nämlich immer jemand, der nicht zufrieden ist mit dem Fertigprodukt der israelischen Firma »Osem« und nach echtem Mazzemehl verlangt, damit die Klöße genauso authentisch schmecken wie damals, als Tante Malka den Seder immer ohne Fehl und Tadel ausgerichtet hat. (Wisst ihr noch: Mit selbst gemachtem Gefilte Fisch, nicht aus dem Fertigglas!) Aber woher soll so kurz vor dem Fest das Mazzemehl kommen? Schließlich regnet es nicht wie Manna vom Himmel!

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Mein letzter Sederabend war sehr erfolgreich, obwohl das PPSS gerade in den letzten Stunden vor der Feier gnadenlos zuschlug. Meine Rettung: Ich hatte mir Subsklaven unterworfen. Meine Mutter musste mir helfen, unter entsetzlichem Zeitdruck zahlreiche Speisen zuzubereiten. Mein Mann hat das Tischtuch gesucht. Die Mazze und diverse andere Pessachspezialiäten haben wir im Internet bestellt. (Wobei ich nie wieder Fertig-Charosset essen will, das schmeckt nach gar nichts.)

Der Einzige, der nicht mitspielen wollte, war mein dreijähriger Sohn. Der Kleine eröffnete den Sederabend mit einem 15 Minuten andauerndem Geheul, weil sein Freund einen größeren Kidduschbecher mitgebracht hatte als unseren hauseigenen.

Danach saß ich erschöpft am Tisch und wünschte, der Abend wäre schon vorbei. Gegen diesen Stress kann Pessach diesmal nur ein Kinderspiel werden. Wir sind bei einem befreundeten Paar aus der Kita eingeladen, werden Mazze mitbringen und uns an den gedeckten Tisch setzen. Und sollte das PPSS wieder zuschlagen, wird es nicht uns, sondern unsere Gastgeberinnnen treffen. Aber die sind Pessachmäßig durch ihre lange Familientradition so gestählt, dass nicht einmal der Zoff um den Kidduschbecher sie aus der Bahn werfen sollte.

Paris

Beethoven, Beifall und Bengalos

Bei einem Konzert des Israel Philharmonic unter Leitung von Lahav Shani kam es in der Pariser Philharmonie zu schweren Zwischenfällen. Doch das Orchester will sich nicht einschüchtern lassen - und bekommt Solidarität von prominenter Seite

von Michael Thaidigsmann  07.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  07.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  07.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  07.11.2025

Filmkritik

»Nobody Wants This« – die Zweite

Die Fortsetzung der Netflix-Hit-Serie »Nobody Wants This« ist angelaufen. Allerdings sorgen diesmal vor allem die Nebenrollen für randvolle Herzen. Vorsicht Spoiler

von Sophie Albers Ben Chamo  06.11.2025

Kunst

Maler und Mentor

Eine Ausstellung in Baden-Baden zeigt Max Liebermann auch als Förderer impressionistischer Kollegen

von Eugen El  06.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 06.11.2025

Film

»Vielleicht eines der letzten Zeitdokumente dieser Art«

Die beiden Regisseure von »Das Ungesagte« über ihre Doku mit NS-Opfern und ehemaligen Mitläufern, Kino als Gesprächsraum und die Medienkompetenz von Jugendlichen

von Katrin Richter  06.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025