Finale

Der Rest der Welt

Heiße ich wie ein Shoppingcenter? Foto: Getty Images/ iStockphoto

Margalit, mein Vorname, hat mich immer schon genervt. Warum? Weil es nämlich eigentlich ein Nachname ist! Googeln Sie das ruhig einmal: Der Familienname Margalit oder auch Margolies, Margulis, oder Margulin ist relativ häufig. Ich kenne aber fast niemanden in meinem näheren Umkreis, der mit Vornamen so heißt!

Als ich dann einmal meine Mutter gefragt habe, warum sie denn ausgerechnet diesen Namen für mich ausgesucht hat, erklärte sie, damals, im Jahr meiner Geburt, habe ihre Lieblingssängerin so geheißen, Margalit Dingsbums, den Nachnamen habe sie inzwischen vergessen.

Damenbart Google-Recherchen bringen schon bald Fotos ebendieser Sängerin ans Licht, die ich lieber nicht gesehen hätte: Margalit Zaramaty, eine dralle Person mit Damenbart, tiefem Dekolleté, in einem wurstpellenartigen Kleid, über und über mit goldenen Amuletten und Kettchen behängt. Und von ihren Gesängen, die ich mir auf YouTube reinziehe, bekomme ich ein Pfeifen im Ohr. Super, dass ausgerechnet die meine Namensgeberin ist!

Ihren Gipfel erreichte meine Angenervtheit, als ich neulich in einem Egged-Bus in Israel über Land fuhr. Kurz vor Hod Hasharon tauchte, wie eine Fata Morgana in der glühenden Hitze, ein unsäglich hässliches, rot gekacheltes Riesengebäude auf. Darauf stand mein Name: In großen, scheußlichen Buchstaben prangten da die Worte »Margalit Hasharon« und in kleineren Buchstaben darunter »Shopping Mall«. Ja, genau! Ich trage den Namen eines Shoppingcenters! Die Perle der Sharon-Ebene! Mega, mega nervig, oder?

Und dann rief mich neulich meine gute Freundin Perla an. Eine tolle Frau, imposant, blonder Scheitel, in meinem Alter, aber mit sechs erwachsenen Kindern. Perla hat gerade wieder einmal eine Enkeltochter bekommen, und Perla will das Baby unbedingt Margalit nennen! Eine fantastische Idee, wie ich finde! Dann heiße ich wenigstens nicht länger ganz alleine so! Aber die Familie, sagt Perla, ist dagegen, weil Margalit doch »Perle« heißt, und das Baby kann ja nun mal nicht denselben Namen tragen wie Perla, die Großmutter, denn das ist in religiösen Familien ein No-Go! Lass mich nur machen, Perla, sage ich und lege auf.

Gemara Sofort stürze ich mich per Google in die rabbinische Fachliteratur zum Thema und stelle fest, dass der Name »Margalit« ungefähr 50-mal in Gemara und Talmud auftaucht. Immer geht es da um Perlen der Weisheit, schimmernde Tropfen kostbaren Öls, erlesene Steine, die an irgendwelchen Heiligtümern haften. Sehr, sehr schmeichelhaft eigentlich für unsereins, die Margalits dieser Welt.

Also Tachles, texte ich Perla zurück, der Name Margalit heißt laut rabbinischer Literatur übersetzt Edelstein oder kostbarer Stein, eben alles, was glitzert, glänzt, edel und erhaben ist. Der Name Margalit kann also mit »Perle« übersetzt werden, muss aber nicht! Ganz genau übersetzt würde Perle »Pnina« heißen, nicht Margalit! Das textete ich mit geradezu talmudischer Dialektik und war sehr zufrieden mit mir.

Perla und ihre Familie sahen das natürlich sofort ein, und ihre entzückende rothaarige Enkelin heißt jetzt Margalit! So wie ich! Ist das nicht toll und einmalig? Falls irgendjemand bei Ihnen auch bald Nachwuchs erwartet: Ich kann den Namen Margalit wirklich wärmstens empfehlen.

Popkultur

Israelfeindliche Band Kneecap von zwei Festivals ausgeladen

Bei Auftritten verbreiten die irischen Rapper Parolen wie »Fuck Israel«. Nun zogen die Festivals Hurricane und Southside Konsequenzen

von Imanuel Marcus  25.04.2025

Berlin/Brandenburg

Filmreihe zu Antisemitismus beim Jüdischen Filmfestival

Das Festival läuft vom 6. bis 11. Mai

 25.04.2025

Fernsehen

Ungeschminkte Innenansichten in den NS-Alltag

Lange lag der Fokus der NS-Aufarbeitung auf den Intensivtätern in Staat und Militär. Doch auch viele einfache Menschen folgten der Nazi-Ideologie teils begeistert, wie eine vierteilige ARD-Dokureihe eindrucksvoll zeigt

von Manfred Riepe  24.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  24.04.2025

Imanuels Interpreten (8)

Carly Simon: Das Phänomen

Die Sängerin und Songschreiberin mit jüdisch-deutschem Familienhintergrund führt ein aufregendes, filmreifes Leben – Verbindungen zu einer singenden Katze, einem rollenden Stein, zu Albert Einstein und James Bond inklusive

von Imanuel Marcus  24.04.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus  24.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  23.04.2025

27. Januar

Der unbekannte Held von Auschwitz

Der »Berufsverbrecher« Otto Küsel rettete Hunderten das Leben. In Polen ist er ein Held, in Deutschland fast unbekannt. Das will Sebastian Christ mit einem Buch ändern, für das er 20 Jahre lang recherchiert hat

 23.04.2025