Finale

Der Rest der Welt

Manche Vorurteile halten sich hartnäckig – obwohl es sich nach fast 2000 Jahren herumgesprochen haben sollte, dass Jesus nicht von Juden gekreuzigt wurde. Bei Australiern allerdings, die Rugby spielen – weit weg von Jerusalem und Rom –, scheint sich diese Erkenntnis noch nicht flächendeckend durchgesetzt zu haben: Rugbystar Jarryd Hayne, derzeit aktiv im American Football beim NFL-Club San Francisco 49ers, twitterte am 1. Juli 2015: »Jesus wollte Menschen helfen, aber er wurde von seinem eigenen Volk getötet.«

Von seinen Followern musste sich Hayne daraufhin wütende Proteste anhören. Als Reaktion setzte der 27-Jährige einen zweiten Tweet ab, in dem er seine theologischen Vorstellungen konkretisierte: »Die Juden waren das Volk, das Jesus an die Römer übergab und sie zwangen, den Befehl (zur Kreuzigung) zu geben, weil sie es selbst nicht konnten«, schrieb der Profisportler – was ihm sofort weitere Proteste einbrachte. Erst eine Woche später, nachdem australische Medien seinen Manager kontaktiert hatten, wurde der Tweet gelöscht.

Ostern Ist es denn wirklich so schwer zu begreifen, dass wir nichts dafür können? Sogar mein sechsjähriger Sohn hat die Geschichte schon fast kapiert. Durch seinen Kinderchor in der Weihnachtszeit verschärft mit christlichem Liedgut konfrontiert (sein Lieblingslied aus diesem Repertoire ist ausgerechnet »Maria durch ein Dornwald ging«), interessiert sich mein Sohn sehr für das Schicksal des Mannes aus Nazareth. Ich wiederum tue alles, um dessen Geschichte aus jüdischer Sicht zu interpretieren – was manchmal für Verwirrung sorgt.

»Ich glaube nicht, dass Jesus erschossen wurde und dann wieder aufgestanden ist«, sagte mein Sohn, als ich versuchte, ihm zu erklären, warum Christen Ostern feiern. Bei der Frage der himmlischen Familie wurden wir uns schnell einig: »Gott kann nicht der Vater von Jesus sein. Jesus ist ein Kind – und Gott ist ein Geist«, schlussfolgerte der Fünfjährige.

Als dann am Karfreitag im KIKA TV die Kreuzigung erklärt wurde, zeigte sich der inzwischen Sechsjährige ehrlich erschüttert. »Das war ja ganz schön fies von denen«, sagte er empört. »Das waren doch nicht die Juden?!« »Natürlich nicht, das waren die Römer. Die haben damals eine Menge Leute gekreuzigt«, sagte ich. »Wer wohnt jetzt in Rom?«, wollte mein Sohn wissen. »Die Italiener«, erklärte ich. Nach einer Grübelpause fragte der Kleine: »Sind die Italiener heute immer noch so gemein zu den Christen?«

Solche Fragen sollte sich Jarryd Hayne auch mal stellen, anstatt ignorante Tweets abzusetzen – 50 Jahre nach »Nostra Aetate« und unserer Reinwaschung durch die katholische Kirche. Aber der Rugby- und Footballprofi aus Down Under ist eben nicht mit einer jüdischen Mutter gesegnet, die die Dinge beizeiten ins rechte Licht rückt!

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025

Glosse

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken? Ein Gedankenexperiment

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Los Angeles

Schaffer »visionärer Architektur«: Trauer um Frank Gehry

Der jüdische Architekt war einer der berühmtesten weltweit und schuf ikonische Gebäude unter anderem in Los Angeles, Düsseldorf und Weil am Rhein. Nach dem Tod von Frank Gehry nehmen Bewunderer Abschied

 07.12.2025

Aufgegabelt

Plätzchen mit Halva

Rezepte und Leckeres

 05.12.2025

Kulturkolumne

Bestseller sind Zeitverschwendung

Meine Lektüre-Empfehlung: Lesen Sie lieber Thomas Mann als Florian Illies!

von Ayala Goldmann  05.12.2025

TV-Tipp

»Eigentlich besitzen sie eine Katzenfarm« - Arte-Doku blickt zurück auf das Filmschaffen von Joel und Ethan Coen

Die Coen-Brüder haben das US-Kino geprägt und mit vielen Stars zusammengearbeitet. Eine Dokumentation versucht nun, das Geheimnis ihres Erfolges zu entschlüsseln - und stößt vor allem auf interessante Frauen

von Manfred Riepe  05.12.2025

Köln

Andrea Kiewel fürchtete in Israel um ihr Leben

Während des Krieges zwischen dem Iran und Israel saß Andrea Kiewel in Tel Aviv fest und verpasste ihr 25. Jubiläum beim »ZDF-Fernsehgarten«. Nun sprach sie darüber, wie sie diese Zeit erlebte

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann schwieg bislang zur scharfen Kritik. Doch jetzt reagiert die ARD-Journalistin auf die Vorwürfe

 04.12.2025