Netflix

Dating bis zum Abwinken

Hat viel Erfahrung: Aleeza Ben Shalom Foto: © 2023 Netflix, Inc.

Wenn ein junger Mann sagt, er wolle eine Frau finden, zu der er sich hingezogen fühlt, ist dies nachvollziehbar. Der durchtrainierte, israelisch-amerikanische Romeo namens Ori, mit dunklem Haar, sich andeutenden Geheimratsecken und einem gut getrimmten Vollbart, sagt: »Ich glaube, meine Ansprüche sind hoch.« Dann wird die Sache problematischer: Ori, der weiterhin bei seinen modern-orthodoxen Eltern lebt, isst Schweinefleisch.

Zuschauer, die an dieser Stelle glauben, den Gipfel der Peinlichkeiten gesehen zu haben, liegen falsch. Es wird noch schlimmer. Ori will allen Ernstes eine Blondine mit blauen Augen, die aber einen marokkanischen Hintergrund haben muss, genauso wie seine schwarzhaarige Mutter.

partnersuche »Diese Art der Partnersuche wurzelt in jüdischer Weisheit, aber sie gilt für die ganze Welt«, sagt die moderierende Matchmakerin Aleeza Ben Shalom über ihre neue Show, die auf der jahrtausendealten Tradition des Schidduch basiert.

Ben Shalom bringt mit dem Projekt Jewish Matchmaking ihre bisherige Arbeit zu Netflix. Der Taschentuchverbrauch steigt, und Hormone machen sich bemerkbar, wenn Aleeza Ben Shalom jungen Jüdinnen und Juden hilft: »Ich habe jüdische Weisheit für die ganze Welt«, sagt sie. Gut! Denn »Seelenpartner« zu finden, ist ihr zufolge »die schwerste Aufgabe der Welt«.

Bald zeigt sich: In Israel gibt es offenbar ernsthaftere Heiratswillige – mit weitaus realistischeren Vorstellungen.

Die erste Episode beginnt am Palmenstrand von Miami mit Salsa und Sonne. Der Himmel ist blauer als blau, aber die erste Kandidatin klagt, all ihre Freunde befänden sich bereits in »sehr ernsten« Beziehungen. »Bevor ich 30 werde, will ich verheiratet sein«, sagt Dani. »Ich bin toll. Aber hier stehen dennoch keine Männer Schlange, die mich heiraten wollen. Ich habe keine Ahnung, warum.«

episode »Es gibt 15 Millionen Juden in der Welt, und 15 Millionen Wege, jüdisch zu sein«, erklärt Aleeza Ben Shalom. Dies macht die Aufgabe nicht gerade einfach. Sechs Minuten und 14 Sekunden nach Beginn der ersten Episode hat die Matchmakerin schon ein mögliches Match für Dani. Zum Glück ist es nicht Ori, sondern David. Wie sich herausstellt, ist der 31-Jährige ein sefardischer Schönling mit beeindruckenden Muskeln, dessen Foto Eindruck macht. »Süß!«, sagt Dani.

Nach sieben Minuten und 52 Sekunden erscheint eine andere Stadt auf dem Bildschirm: Jerusalem. Bald zeigt sich: In Israel gibt es offenbar ernsthaftere Heiratswillige – mit weitaus realistischeren Vorstellungen.
Immer mehr Kandidaten tauchen auf, inklusive einer Frau, die Einhörner als Stofftiere liebt. Ihr Name ist ein Wink mit dem Zaunpfahl: Harmonie. Mit ihren 44 Jahren ist sie recht spät dran, denn sie will ein Kind.
Aleeza Ben Shalom verrät schon früh ihr Motto: »Date them ’till you hate them« (»Date sie, bis du sie hasst«): Das Date ist so lange im Rennen, bis einer von beiden ein eindeutiges Nein ausspricht.

Die ersten Folgen enthalten gute Momente, aber das Gesamturteil fällt eher ernüchternd aus: Jewish Matchmaking ist zum Teil recht schwer verdaulich und regt mehr als einmal zum Fremdschämen an. Dies liegt jedoch nicht an Aleeza Ben Shalom. Der souveränen Moderatorin und Expertin gelingt es, die Kunst und Geschichte des jüdischen Matchmaking gut zu erklären. So wird die Serie zu einem Crash-Kurs über das Einmaleins der Eheanbahnung im Judentum.

Die erste Staffel von »Jewish Match-making« ist jetzt auf Netflix zu sehen.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 26. Juni

 18.06.2025

Berlin

Erste Ausstellung über den Architekten Ossip Klarwein

Präsentiert werden mehr als 100 Entwürfe und Modelle, darunter ikonische Bauten des 1933 nach Palästina geflohenen jüdischen Architekten

 17.06.2025

Nachruf

Chronist einer ganzen Epoche

Michel Bergmann war ein Schriftsteller, der viele Genres beherrschte

von Ellen Presser  17.06.2025

Los Angeles

Neues Album von Haim: »Manchmal muss man loslassen«

Auf ihrem vierten Album singen die Haim-Schwestern von Trennung, Abschied und Neuanfang. Dabei betritt das Trio mit beinahe jedem Song ein anderes musikalisches Terrain

von Philip Dethlefs  17.06.2025

Diskurs

»Die Erinnerungsrepublik Deutschland ist zu Ende«

Auszüge aus der Heidelberger Hochschulrede des Grünen-Politikers Sergey Lagodinsky

 16.06.2025

Literatur

Michel Bergmann ist tot

Der jüdische Schriftsteller starb im Alter von 80 Jahren

 17.06.2025 Aktualisiert

Taormina Film Fest

Michael Douglas entschuldigt sich für Politik der US-Regierung

Der Darsteller erhält von Iris Knobloch eine Ehrung für sein Lebenswerk. Die Vergabezeremonie in Sizilien nutzt er für Kritik an seinem Land

 16.06.2025

Fernsehen

Luftraum in Israel gesperrt: »Fernsehgarten« ohne Kiewel

Die Moderatorin lebt in Tel Aviv - doch zu ihrer Jubiläumssendung konnte sie nicht anreisen

 15.06.2025

Leo Baeck Institut

»Die Wissenschaft ist keine Oase«

Michael Brenner über das vor 70 Jahren gegründete Archiv der Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums, freie Forschung und bedrohte Demokratie

von Ayala Goldmann  15.06.2025