Interview

»Das wird kein Betroffenheitsabend«

Sänger Campino Foto: imago

Campino, Sie werden am kommenden Wochenende in drei Konzerten mit dem Sinfonieorchester der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf an »Entartete Musik« erinnern, die vor 75 Jahren von den Nazis diffamiert wurde. Was erwartet die Besucher?
Wir versuchen, die ganze musikalische Bandbreite darzustellen, die damals geschmäht, verachtet und verboten wurde. Das ist ein Bogen, der sich von Unterhaltungsmusik bis zur Klassik spannt. Es geht dabei nicht nur um das Inhaltliche dieser widerwärtigen Ausstellung, sondern wir wollen zudem zeigen, welch großartige Musik das war. Wir möchten allerdings auch einen Schritt ins Heute machen und einige Lieder von uns spielen. Diese lockeren Stücke werden von uns auch locker dargeboten, um zu vermeiden, dass das Konzert zu einem Betroffenheitsabend wird.

Wie kam es zu diesem Projekt?
Thomas Leander, Prorektor der Robert-Schumann-Hochschule, hat uns angesprochen. Er hatte sich bereits mit dieser Thematik beschäftigt. Ich fand die Idee toll, und wir waren sofort Feuer und Flamme. Wir haben uns getroffen, das Programm zusammengestellt und versucht, eine gute Mischung zu finden.

Was hat Sie als Musiker daran gereizt?
Da sind so viele Stücke, die mich begeistern. Ich hatte ja vor einigen Jahren auch großen Spaß, in der »Dreigroschenoper« zu spielen. Dass ich jetzt erneut einige Lieder singen darf, freut mich sehr. Der »Alabama Song« wird Spaß machen. Diese Musik ist unheimlich gut geeignet, Mitglieder des klassischen Ensembles und uns zusammenzubringen. Für uns ist das eine ideale Spielwiese.

Wie wird die verbotene Musik von damals heute wahrgenommen?
Nehmen wir mal an, im Radio würde ein Stück der Comedian Harmonists laufen. Dann wäre nicht der erste Gedanke, dass diese Musik damals als »entartet« galt. Es gibt ein Lied von Felix Grünbaum, das »Einen großen Nazi hat sie« heißt. Auf eine unglaubliche Art und Weise macht er sich darin über die Nazis lustig. Und da bleibt einem schon das Lachen im Halse stecken, denn Grünbaum kam im KZ ums Leben. Ein zweistündiger Abend kann allerdings so ein Thema nur anreißen.

Sie sagten, Sie spielen auch eigene Songs. Welche?
Wir haben uns einen engen Rahmen gesteckt. »Sascha« wird auf jeden Fall dabei sein, auch unser Lied »Willkommen in Deutschland«. Wir möchten zeigen, wie wir Anfang der 90er-Jahre, als die rechtsradikale Welle stark wurde, darauf reagiert haben. Auch unseren Song »Europa« werden wir spielen, der den Leuten nahegeht. Denn durch die Schiffsunglücke vor Lampedusa wird die ganze Tragik der europäischen Einwanderungspolitik deutlich. Man kann es teilweise mit dem vergleichen, was Juden erleben mussten, als sie Deutschland noch verlassen konnten. Länder, von denen man es heute nicht erwarten würde, haben die Anfragen der Verfolgten damals abgelehnt. Die Bitte um eine Erhöhung der Einwandererzahlen ist komplett ignoriert worden.

Mit dem Sänger der Band »Die Toten Hosen« sprach Katrin Richter.

Die Toten Hosen und das Sinfonieorchester der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf spielen vom 19. bis zum 21. Oktober 2013 jeweils um 20 Uhr in der Tonhalle Düsseldorf. Unter dem Titel »Willkommen in Deutschland« wollen die Musiker an die Ausstellung »Entartete Musik« im Düsseldorfer Ehrenhof und die Reichsmusiktage vor 75 Jahren erinnern.

http://www.tonhalle.de/programm/dth2013

Camille Pissarro

Leidenschaft. Freiheit. Kunst

Das Potsdamer Museum Barberini zeigt mehr als 100 Gemälde des jüdischen Impressionisten

von Maria Ossowski  21.08.2025

Roman

Unter den Dächern von Paris

Fast 100 Jahre nach ihrem Entstehen erscheint Sebastian Haffners berührende Liebesgeschichte

von Alexander Kluy  21.08.2025

TV-Tipp

»Wonder Woman«: Von der Welt der griechischen Sagen in den Ersten Weltkrieg

Das Entree der Comic-Heroine Wonder Woman in die Welt des modernen Blockbuster-Kinos ist nach wie vor eine der besten unter den (Neu-)Verfilmungen von DC-Comics

von Jan Lehr  21.08.2025

Rezension

»Chabos« fährt mit Vollgas in die Nullerjahre

Die Streaming-Serie bringt Zuschauer zurück in die 2000er. Mitten in eine verhängnisvolle Nacht mit einem illegalen Film-Download

 21.08.2025

Kulturkolumne

Verhandeln auf Tinder

Dating in Zeiten der Wassermelone

von Laura Cazés  21.08.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  21.08.2025

Imanuels Interpreten (12)

Paula Abdul: Die Tänzerin

Die auch als Sängerin, Schauspielerin und Geschäftsfrau bekannte kalifornische Jüdin führt ein abwechslungsreiches Leben

von Imanuel Marcus  20.08.2025

Zahl der Woche

94 Prozent

Fun Facts und Wissenswertes

 20.08.2025

Potsdam

Kunstprojekt zu NS-Geschichte

Die beteiligten Künstlerinnen zeigen in Installationen, Malerei und Videoarbeiten, wie weit transgenerationelle Traumata bis heute wirken

 20.08.2025