Finale

Ayalas Welt

Beim Schreiben einer vergnüglichen Glosse sollte die Autorin halbwegs gute Laune haben – oder wenigstens eine zündende Idee für ein Thema, das des jüdischen Volkes würdig ist. Aber wo bitte soll beides herkommen, wenn das Kind seit Wochen fiebert und nicht in die Kita kann, der Kontakt mit der Umwelt sich infolgedessen auf ein Minimum beschränkt, der dritte Magen-Darmvirus des Jahres 5771 gerade abklingt und die vierte Nebenhöhlenentzündung sich ankündigt?

Wollten Sie vielleicht schon immer etwas über jüdische Aspekte der Schweinegrippe erfahren? Ich vermute, nein! Ich wüsste auch nicht, was ich Ihnen dazu auftischen sollte, ohne hinterher empörte Leserbriefe zu kassieren.

Reden wir lieber übers Wetter. Anfang der Woche war es in Berlin tagsüber schon wieder unter Null Grad. Als Studentin wurde ich öfter von philosemitischen Journalisten gefragt, ob es nicht schwer sei, als Jüdin in Deutschland zu leben. Damals habe ich altkluges Zeug über die jüngste Vergangenheit gequatscht, heute würde ich antworten: Ja, es ist nicht zu ertragen. Juden sollten nicht in der Nähe des Polarkreises leben müssen, sie haben ein Recht auf einen Platz an der Sonne!

rentnertraum Früher, als ich noch jung und dumm war, habe ich über Rentner gelacht, die Deutschland in der kalten Jahreszeit den Rücken kehren und sich nach Teneriffa verziehen. Je älter ich aber werde, desto besser gefällt mir die Idee, im Winter (also von Oktober bis März) in der Sonne zu liegen und nichts zu tun. Dabei stellen sich bloß zwei Fragen. Erstens: Wer soll das bezahlen? Zweitens: Wohin könnten wir uns absetzen? Auf beide Fragen gibt es nur eine Antwort: Israel.

Dort ist es warm und wir könnten uns bei Verwandten durchschnorren. Doch mein Mann verdreht schon die Augen, wenn ich ihm nur einen zweiwöchigen Urlaub bei den »Irren von Zion« vorschlage. Irgendwie kann ich ihn sogar verstehen, denn wer kein Hebräisch spricht, hat bei Familienbesuchen in Israel die Arschkarte gezogen.

Außerdem: Wenn wir im Ruhestand sind und es den jüdischen Staat dann noch gibt, werden alle Strände zubetoniert sein. Also wird es wohl nichts mit dem Rentnerleben im sonnigen Süden – außer, wir gewinnen die Sofortrente der Glücksspirale.

Ende April planen wir wenigstens einen Urlaub in Südportugal. Auch für Sie gibt es zum Schluss noch einen Hoffnungsschimmer: In zwei Wochen, das schwöre ich, habe ich wieder bessere Laune und wahnsinnig originelle Ideen.

Ich könnte zum Beispiel mit einer jüdischen Freundin ins Solarium gehen und über unsere Erfahrungen schreiben: »Unter Gojim in der Heizsonne« oder so ähnlich. Sind das nicht echte Lichtblicke bei Winterwetter? Sagen Sie bloß nicht, es lohne sich nicht, diese Kolumne zu lesen.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  28.03.2024

Sachbuch

Persönliches Manifest

Michel Friedman richtet sich mit seinem neuen Buch »Judenhass« bewusst an die allgemeine Öffentlichkeit, er appelliert aber auch an den innerjüdischen Zusammenhalt

von Eugen El  28.03.2024

USA

Daniel Kahneman ist tot

Der Wissenschaftler Daniel Kahneman kombinierte Erkenntnisse aus Psychologie und Ökonomie

 28.03.2024

Bildung

Kinderbuch gegen Antisemitismus für Bremer und Berliner Schulen

»Das Mädchen aus Harrys Straße« ist erstmals 1978 im Kinderbuchverlag Berlin (DDR) erschienen

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Kultur

Über die Strahlkraft von Europa

Doku-Essay über die Theater-Tour von Autor Bernard-Henri Levy

von Arne Koltermann  26.03.2024

Projekt

Kafka auf Friesisch

Schüler der »Eilun Feer Skuul« in Wyk auf Föhr haben ihre friesische Version des Romans »Der Verschollene« vorgestellt

 25.03.2024

Berlin

Hetty Berg als Direktorin des Jüdischen Museums bestätigt

Ihr sei es gelungen, die Institution »als Leuchtturm für jüdisches Leben« weiterzuentwickeln, heißt es

 25.03.2024

Judenhass

Wie der Historikerstreit 2.0 die Schoa relativiert

Stephan Grigat: Der Angriff auf die »Singularität von Auschwitz« kommt nun von links

 25.03.2024