Interview

»Auch in Afrika und China spielt man Levin«

Yael Ronen Foto: Mike Minehan

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Frau Ronen, Sie haben gerade »Morris Schimmel« von Hanoch Levin an der Berliner Schaubühne aufgeführt. Warum?
Levin war eine Legende. Er hat mindestens zwei Generationen als Autor und als Regisseur geprägt. Ich wollte immer schon eines seiner Stücke auf die Bühne bringen.

Was war die Herausforderung bei der Inszenierung?
Levins Werke haben diesen besonderen Rhythmus, diese Sprache. So wie sich in England für Shakespeare-Schauspieler eine besondere Darstellungsform findet, gibt es auch eine spezielle Art, Levin zu spielen.

Es steckt viel Jiddisches in diesem Stück.
Levin spielt schon mit diesem Klischee der jiddischen Mamme – dieser fast schon mythologischen Figur. Jeder kennt sie, sei es aus dem Leben oder dem Kino. Und Levin, dessen Familie aus Osteuropa kam, kannte sie bestimmt auch.

Spielt diese jiddische Kultur denn noch eine Rolle im heutigen Israel?
Ja, sicher, sie ist sogar noch im Alltag spürbar. Israel ist ein junges Land. Auf der Suche nach einer eigenen Kultur muss man sich eben bei früheren Traditionen, wie dem jiddischen Theater, bedienen, um etwas Neues zu schaffen. Aber das Lustige ist: Wir haben »Morris Schimmel« auch im Ausland aufgeführt, und da wurde es überhaupt nicht als so speziell jüdisch oder exotisch wahrgenommen. Sondern als etwas ganz Universelles, mit dem sich jeder identifizieren kann. Hanoch Levin hatte diesen sehr klugen und großzügigen Blick auf das Leben. Nicht jedes seiner Stücke ist brillant, aber man findet doch in allem ein paar leuchtende Momente. Er zeigt Antihelden, über die man sich lustig machen kann oder mit denen man sich identifizieren kann. Aber sie sind nicht größer als das Leben. Im Gegenteil. Sie sind eher klein, und wir begegnen ihnen jeden Tag.

Haben Sie nicht Angst, das Stück könnte ein bisschen in die Folklore-Schublade gesteckt werden?
Das hängt davon ab, ob es Neugier weckt, den Rest seines Werks zu erkunden. »Morris Schimmel« ist nicht Levins bestes Werk – er hat einfach so viele geschrieben. Ich hoffe einfach, auch bei anderen Theaterleuten Interesse für ihn zu wecken.

Steht uns ein Revival von Levin bevor?
Ich glaube, es hat schon angefangen, vor allem in Frankreich und Polen. Da wird er gerade am meisten gespielt. Aber auch in Afrika und China.


Yael Ronen gehört zu Israels wichtigsten und provokantesten Theatermacherinnen. Geboren 1976 in Jerusalem, studierte sie Szenisches Schreiben am HB Studio in New York und Regie am Seminar Hakibbutzim in Tel Aviv. Vor zwei Jahren sorgte Ronen an der Berliner Schaubühne mit ihrer Inszenierung »Dritte Generation« für Aufsehen. In dem Stück konfrontieren sich deutsche, palästinensische und israelische Schauspieler mit ihren jeweiligen Vorurteilen.

Das Gespräch führte Fabian Wolff.

Eurovision Song Contest

CDU-Politiker: ESC-Boykott, wenn Israel nicht auftreten darf

Steffen Bilger fordert: Sollte Israel vom ESC ausgeschlossen werden, müsse auch Deutschland fernbleiben. Er warnt vor wachsenden kulturellen Boykottaufrufen gegen den jüdischen Staat

 18.09.2025

Ehrung

Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für Tamar Halperin

Die in Deutschland lebende israelische Pianistin ist eine von 25 Personen, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 1. Oktober ehrt

von Imanuel Marcus  18.09.2025

Ausstellung

Liebermann-Villa zeigt Architektur-Fotografien jüdischer Landhäuser

Unter dem Titel »Vision und Illusion« werden ab Samstag Aufnahmen gezeigt, die im Rahmen des an der University of Oxford angesiedelten »Jewish Country Houses Project« entstanden sind

 18.09.2025

Debatte

Rafael Seligmann: Juden nicht wie »Exoten« behandeln

Mehr Normalität im Umgang miteinander - das wünscht sich Autor Rafael Seligmann für Juden und Nichtjuden in Deutschland. Mit Blick auf den Gaza-Krieg mahnt er, auch diplomatisch weiter nach einer Lösung zu suchen

 18.09.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  18.09.2025

»Long Story Short«

Die Schwoopers

Lachen, weinen, glotzen: Die Serie von Raphael Bob-Waksberg ist ein unterhaltsamer Streaming-Marathon für alle, die nach den Feiertagen immer noch Lust auf jüdische Familie haben

von Katrin Richter  18.09.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 18. September bis zum 2. Oktober

 18.09.2025

Fußball

Mainz 05 und Ex-Spieler El Ghazi suchen gütliche Einigung

Das Arbeitsgericht Mainz hatte im vergangenen Juli die von Mainz 05 ausgesprochene Kündigung für unwirksam erklärt

 18.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 18.09.2025