EILMELDUNG! Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer (103) ist tot

Kino

Artur Brauner wird 98

Artur Brauner (1918–2019) Foto: Stephan Pramme

Kino

Artur Brauner wird 98

Die Berliner Legende hat über 250 Filme produziert

von Rudolf Worschech  01.08.2016 11:43 Uhr

Artur Brauner, Filmproduzent und Immobilienunternehmer, ist eine Legende. Am 1. August feiert er seinen 98. Geburtstag, und noch immer mischt er sich leidenschaftlich wie glaubwürdig in öffentliche Debatten ein, zum Beispiel wenn es um die NS-Zeit, Antisemitismus und Hetze gegen den jüdischen Staat geht. In Sachen nationalsozialistischer Vergangenheit ist Brauner hellhörig.

Er wurde 1918 im polnischen Lodz als Sohn eines jüdischen Holzhändlers geboren. Den Holocaust überlebte er, weil er sich in Wäldern versteckte und gegen Kriegsende aus einem Konzentrationslager floh.

werk 49 Mitglieder seiner Familie sind in Ghettos und Lagern von den Nazis umgebracht worden. In den vergangenen Jahrzehnten widmete Brauner sich verstärkt Filmen, die an die NS-Zeit erinnern. 2011 entstand nach einer Idee Brauners Wunderkinder, in dem die Freundschaft dreier musikalisch begabter Kinder in der Ukraine, zwei davon jüdisch, durch die Nazi-Besatzung auf die Probe gestellt wird. Insgesamt hat Artur Brauner rund 250 Filme produziert. Mit seiner Firma CCC-Film wurde er in den 50er-Jahren zu Deutschlands wichtigstem Produzenten.

Es waren Zeiten, in denen das bundesdeutsche Publikum noch ausgelaugt war von den mageren Nachkriegsjahren, aber schon wieder emsig am Wirtschaftswunder arbeitete und sich im Kino ein paar schöne Stunden machen wollte. Brauner gab ihm jene Illusionen, die für eine kurze Zeit Trost und Ablenkung versprachen.

Kein anderer Filmproduzent hat so wie er den deutschen Nachkriegsfilm geprägt – und kaum ein anderer hatte so wenig Skrupel wie er, die Zuschauer auch mit seichter Unterhaltung zu versorgen. Er baute eine der modernsten und größten europäischen Atelieranlagen in Berlin-Spandau auf, die zeitweilig mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigte. Brauner war in allen Genres zu Hause, die einigermaßen Erfolg in den Kinos versprachen.

Karl May Er vertraute auf die »großen Namen« kassenkräftiger Stars und auf Drehbücher, die ihre Herkunft von Boulevardstücken und simplen Schwänken nicht verleugnen konnten. Und er hängte sich an alle Wellen, die gerade als en vogue im Kino galten, ob es nun Musicals, »Problemfilme«, Karl-May-Verfilmungen oder Edgar-Wallace-Krimis waren. Für einige Sex-Klamotten war er sich auch nicht zu schade. Seine Lieblingsprojekte in den 50er- und 60er- Jahren aber waren ambitionierte Literaturadaptionen und Neuverfilmungen klassischer Kinostoffe aus den 20er- und frühen 30er-Jahren.

Dahinter steckte nicht nur die Absicht, mit dem Remake eines ehemaligen Kassenknüllers noch einmal Profit zu machen. Brauner wollte auch an eine Filmtradition anknüpfen, die dem deutschen Film einmal Weltgeltung verschafft hatte – und die noch unbefleckt gewesen war von der Unterhaltungsmaschinerie der Nazi-Zeit.

Er hat etwa den Tiger von Eschnapur noch einmal verfilmt und Die Nibelungen. Und es gab auch schon damals den unbequemen Artur Brauner: den, der einem Filmball wegen der Anwesenheit des Nazi-Regisseurs Veit Harlan fernblieb; den, der aus der Emigration zurückgekehrte Regisseure wie Robert Siodmak oder Fritz Lang und Schauspieler wie Peter van Eyck oder Fritz Kortner beschäftigte.

Diktatur Und den Artur Brauner, der nicht müde wurde, die Deutschen immer wieder an ihre Vergangenheit zu erinnern. Schon in seinem zweiten Film, Morituri (1947/48), der eigene KZ-Erlebnisse verarbeitete, begann seine Beschäftigung mit der NS-Diktatur.

Aber auch in unpolitischen Genres hat Brauner, der der Regisseursgeneration der 60er- und 70er-Jahre als typischer Repräsentant von »Papas Kino« erschien, manchmal etwas gewagt: Mit der von Robert Siodmak inszenierten Hauptmann-Adaption Die Ratten gelang ihm eines der wenigen Meisterwerke des Adenauer-Kinos, ein düsterer Film mit expressiven Bildern.

Mazal tov, bis 120 und weit darüber hinaus!

Nachruf

Trauer um Holocaust-Überlebende Margot Friedländer 

Mit fast 90 kehrte Margot Friedländer zurück nach Berlin, ins Land der Täter. Unermüdlich engagierte sich die Holocaust-Zeitzeugin für das Erinnern. Nun ist sie gestorben - ihre Worte bleiben

von Caroline Bock  09.05.2025

Antisemitismus

Kanye Wests Hitler-Song »WW3« ist Hit auf Spotify

Der Text ist voller Hitler-Verehrung, gleichzeitig behauptet der Musiker, er könne kein Antisemit sein, weil er schwarz sei

 09.05.2025

Interview

»Es gilt für mich eine Null-Toleranz-Politik gegen Antisemitismus«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über seine erste Amtshandlung, seine Vorgängerin Claudia Roth und den Umgang mit der antisemitischen BDS-Bewegung

von Philipp Peyman Engel  09.05.2025

Julia Bernstein

»Nichts ist mehr wie zuvor«: Wie junge jüdische Münchner den 7. Oktober erleben

»Jüdisch oder gar israelisch zu sein, ist heute in Deutschland eine äußerst politische Angelegenheit oder gar für manche eine Provokation«, schreibt unsere Autorin

von Julia Bernstein  09.05.2025

Konzerte

Große Gefühle

Musiker des Israel Philharmonic Orchestra und der Münchner Philharmoniker spielen gemeinsam

von Katja Kraft  09.05.2025

New York

»Ich schlief zeitweise im Central Park«

»Transformers«-Star Shia LaBeouf erzählt von einem ungewöhnlichen Schlafplatz während der Proben für ein Theaterstück

 09.05.2025

Statistik

Dieser hebräische Jungenname bleibt der beliebteste in Deutschland

Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat sich für ihre Erhebung die Daten deutscher Standesämter angeschaut

 08.05.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  08.05.2025

Schweiz

Israel warnt vor Reisen zum ESC

Den Eurovision Song Contests in Basel als Jude oder Israeli zu besuchen, könnte gefährlich werden: Das befürchtet Israels Sicherheitsrat und empfiehlt Bürgern Zurückhaltung und Wachsamkeit

 08.05.2025